Rund 180.000 Kinder gehen täglich zum ersten Mal online – das sind zwei Kinder pro Sekunde. Dieser Eintritt in die Online-Welt kann Kindern viele Vorteile und Chancen bringen. Gerade die aktuelle Situation führt den Nutzen der Digitalisierung zur Förderung von digitalen Kompetenzen deutlich vor Augen. Das World Wide Web birgt aber auch viele Gefahren für den Nachwuchs. Zum einen werden (auch junge) Menschen gezielt mit schädlichen Inhalten, Datenmissbrauch, sexueller Gewalt und Cybermobbing konfrontiert. Zum anderen sind (auch jungen) Menschen die Konsequenzen des eigenen Handelns im Netz oft nicht bewusst. Sie wissen oder bedenken nicht, welche Spuren ihre Online-Aktivitäten hinterlassen.

Wie kann man Kinder und Jugendliche auf die Risiken des Internets vorbereiten? Wie vermittelt man ihnen einen kompetenten Umgang mit digitalen Medien? Was muss man über digitale Spiele und ungeeignete Inhalte wissen? Diesen Fragen widmeten sich Experten schon vor einem Jahr bei einer Fachtagung zum Thema „Aufwachsen in der digitalen Welt“. Anlass war der jährliche „Safer Internet Day“, der heuer auf den 9. Februar fällt. Ein adäquater Schutz der Kinder basiert auf mehreren Säulen. Einerseits sind es technische Hürden, die von Eltern auf dem Weg ins Internet aufgebaut werden können. Die ISPA (Internet Service Providers Austria) hat darüber eine eigene Broschüre aufgelegt (zum Herunterladen unter www.ispa.at/wissenspool/broschueren). Sie liefert einen Überblick, welche Einstellungen sich an unterschiedlichen Geräten (Smartphones, Tablets, Laptops, Stand-PCs, Spielekonsolen, smartes Spielzeug) vornehmen lassen: Welche effiziente Content-Filter und Sperren gibt es, welche Blockier- und Aufzeichnungsmöglichkeiten funktionieren, welche Kostenfallen und Datenschutzlücken lauern? Kinderschutzsoftware, gefilterte Zugänge und restriktive Einstellungen auf den Geräten vor allem bei jüngeren Kindern können zwar eine Hilfe sein – eine absolute Sicherheit bieten aber auch sie nicht. In sozialen Netzwerken, Tauschbörsen, Foren, Chats, Messenger-Diensten und bei Cybergrooming und Cybermobbing bleiben diese Abwehrmaßnahmen zahnlos.

Erwachsene als Vorbilder

Die Verantwortung für ein sicheres und positives Internet-Umfeld lässt sich nicht ausschließlich an die Technik delegieren. Deshalb ist eine kindgerechte, möglichst breite Aufklärung gepaart mit einer entsprechenden Vorbildrolle der Erwachsenen wichtig. Wobei es dabei zu natürlichen Konfliktzonen zwischen den Generationen kommen kann. Denn für Jugendliche ist es längst selbstverständlich, in einer digitalen Welt aufzuwachsen. „Wer am meisten lernen muss, sind nicht die Jugendlichen, sondern die Erwachsenen um die Jugendlichen herum“, sagt die Internet-Expertin Ingrid Brodnig und liefert einen Arbeitsauftrag an die Eltern mit: „Sie müssen überlegen, welche Botschaft Sie ihnen vermitteln wollen. Bieten Sie genügend Rückhalt? Haben junge Menschen das Vertrauen, dass sie kommen, wenn etwas sie verängstigt, wenn sie Mobbing oder andere Gehässigkeiten online erleben?“ Beleidigungen, Beschimpfungen, Belästigungen oder Bloßstellungen im Internet – Kinder und Jugendliche sind besonders davon betroffen, warnt das Bundeskriminalamt (BK). Laut Kriminalstatistik waren in den vergangenen Jahren bereits 15 Prozent der jungen Menschen mit Cybergrooming konfrontiert, also mit der Anbahnung von sexuellen Kontakten zu Minderjährigen durch Erwachsene vorwiegend in Chaträumen oder in sozialen Medien. Es stellt eine besondere Form der sexuellen Belästigung dar, die bis zum sexuellen Missbrauch führen kann.

Derartige unappetitliche Zügellosigkeit fällt unter den Strafbestand „Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen“. Daher ist Vorsicht geboten. Eltern sollten sich gemeinsam mit ihren Kindern mit den Inhalten auseinandersetzen und die Medienkompetenz der Kinder fördern. Es geht um einen selbstkritischen Umgang mit den digitalen Verführungskünstlern bei der Erziehung. Die Plattform Saferinternet.at liefert erstaunliche bis teils erschreckende Daten aus dem Alltag österreichischer Familien. So gibt es in Haushalten mit Kindern unter sechs Jahren heute durchschnittlich vier bis fünf internetfähige Geräte. Bereits 72 Prozent der Kinder zwischen 0 und 6 Jahren nutzen diese gelegentlich selbst. Nicht selten werden die Devices als „digitaler Schnuller“ verwendet, um den Nachwuchs ruhigzustellen. Bei den 3- bis 6-Jährigen haben sogar schon 81 Prozent User-Erfahrung – was gegenüber 2013 eine Verdoppelung bedeutet.

Durchschnittlich kommen die Kinder im Alter von einem Jahr erstmals mit digitalen Medien in Kontakt. Nimmt man es genau, ist es viel früher. Denn ein Drittel der Eltern gibt an, dass sie vor der Geburt zum Beispiel ein Ultraschallbild verschickt haben. „Der elterliche Stolz lässt viele vergessen, dass auch Kinder ein Recht auf Privatsphäre haben. Gerade bei Fotos scheint wenig Bewusstsein zu herrschen, dass diese im Internet auch in einem unerwünschten Kontext auftauchen und Schaden anrichten können“, warnt Barbara Buchegger von Saferinternet.at. Der leichtfertige Umgang setzt sich fort. 48 Prozent der Eltern stellen zumindest einmal wöchentlich ein Foto des Nachwuchses online. Bei zehn Prozent werden sogar täglich Fotos oder Videos mit der Familie oder anderen online geteilt. Auf ein Jahr hochgerechnet ergibt das ungefähr 37 Millionen Fotos von Kleinkindern in Österreich, die online auftauchen.