Möbelhauskataloge und Lifestyle-Magazine lügen. Sie spiegeln einen Alltag wider, den es nicht gibt: aufgeräumte Kinderzimmer. In der Realität treffen nicht selten Vergleiche mit Bombenangriffen, Tierbehausungen oder Altstoffsammelstellen eher zu.

Auf Elternseite ist neben mahnenden Worten, einer lenkenden Hand und einer belastbaren Vorbildrolle in Sachen Ordnunghalten vor allem auch Toleranz gefragt. Was für Erwachsene wie totales Spielzeugchaos aussieht, kann für Kinder eine logisch aufgebaute Stadt sein – die über Nacht stehen bleiben muss, weil man am nächsten Tag ja weiterspielen will. Wo Eltern – die eigene Jugend vergessend – sich über Postergalerien, Wandfarbenmix und Möbelverrücken aufregen, sprechen Psychologen von einer für die Persönlichkeitsentwicklung der Teenager wichtigen Phase der Abgrenzung zum Stil der „Alten“ und des Austestens des eigenen Geschmacks.

Poster-Wand und Kuschelecken: Einrichten als Kompass für die Suche nach dem eigenen Geschmack
Poster-Wand und Kuschelecken: Einrichten als Kompass für die Suche nach dem eigenen Geschmack © imago/Rupert Oberhäuser

Dieses Verschieben von Grenzen wächst zur interfamiliären Großprüfung, wenn es um die (Neu-)Gestaltung der vier Wände des Nachwuchses geht. Inwieweit sollen Kinder mitbestimmen können, wie ihr Zimmer aussieht? Welcher Gestaltungsspielraum soll ihnen eingeräumt werden? Welche Grundregeln sollten beachtet werden?

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Welche Farbe für welche Wand?

Anker für Letzteres ist beispielsweise die Farbgestaltung. In den meisten Wohnungen dominieren weiße Wände. Kinder mögen diese Farbe aber nicht, besagen breit ausgerollte Umfragen. Noch dazu macht es die Räume zwar heller, aber auch kühler. Folgt man der Farbpsychologie, ergeben sich Alternativen für die einzelnen Zonen in einem Kinderzimmer: Beruhigende Blau- oder Beigetöne eignen sich für Schlafecken, Rot fördert die Kreativität und empfiehlt sich für den Spielbereich.
Raumteiler (hängende Tücher oder Vorhänge, Regale oder Paravents) und eigene Lichtquellen sollten die Trennung der Funktionsbereiche unterstützen und sie erkenn- und spürbar machen. Wichtig ist, dass die Einrichtung und Gestaltung des Zimmers flexibel bleiben und die verschiedenen Entwicklungsphasen des Kindes unterstützt werden, dem Kind also Rückzugsmöglichkeiten bieten und ihm generell das Gefühl vermitteln, das Zimmer sei sein Revier. Dessen Grenzen werden Richtung Pubertät immer höher gezogen – ein wichtiger (und normaler) Teil des Abnabelungsprozesses.

Offene Regale statt großer Schubladen, in denen alles verschwindet, helfen, Ordnung zu lernen.
Offene Regale statt großer Schubladen, in denen alles verschwindet, helfen, Ordnung zu lernen. © stock.adobe.com

Beim Mobiliar gilt in puncto Anzahl und Design das Motto „Weniger ist mehr“ (um eine Reizüberflutung zu verhindern) und auf ausreichend Stauraum zu achten. Fehlt dieser, kann man dem Kind nicht vorwerfen, dass es nicht aufräumt.
Wobei große Schubladen, in die nur alles hineingeworfen wird, ungünstiger sind als kleinteilige Regale. Sie fördern aus pädagogischer Sicht die Erziehung zu Ordnung, weil jedes Ding seinen zugewiesenen Platz hat und dieser für das Kind sofort sichtbar ist. Gleiches wird zu Gleichem gelegt, Spielzeug wird nach Farbe, Form, Größe und Zweck sortiert. Mitsprache ist dabei erwünscht, weil dadurch dem Kind eine gewisse Verantwortung übergeben wird.
Auch bei der Auswahl der Möbel raten Erziehungs- und Architekturpsychologen zunehmend zu großzügiger Mitbestimmung. Nur so kann sich ein Gefühl für Perspektiven, Proportionen und Praxistauglichkeit entwickeln. Der Einfluss der Eltern bleibt ohnehin wirksam. Denn geprägt werden ästhetische Vorlieben durch jene Räume, in denen man zwischen drei und sechs Jahren aufwächst.