"Nach dem tragischen Vorfall, der gesamtgesellschaftlichen Trauerverarbeitung und der emotional geführten Debatte sollte nun wieder zur Sachlichkeit zurückgekehrt werden", so der Verein "Große schützen Kleine". "Der Transport von Kindern im Fahrradanhänger ist nicht gefährlicher als das selbständige Fahren von Kindern mit dem Fahrrad im Straßenverkehr." Die Mitnahme von Kindern am Fahrrad bzw. in einem Fahrradanhänger ist grundsätzlich ein sicherer Transport. Die Ausgestaltung der Sitze bzw. Sitzwannen, die Verwendung der Gurtsysteme und des Helms minimieren das Verletzungsrisiko sehr stark. Dennoch ist es natürlich nicht möglich, jegliche schwere oder gar tödliche Verletzung zu verhindern, zumal bei einer Kollision mit einem Pkw große Kräfte auftreten.
Tragischer Unfall, dramatisches Einzelereignis
Jedes Unfallereignis wie dieses ist für die Einzelperson immer eine dramatische Belastung. Um jedoch die Fakten richtig einordnen zu können, bedarf es nun einer wissenschaftlichen Betrachtung, die einen emotionsfreien und ungetrübten Blick auf die Sachlage ermöglicht.
Im Zeitraum 2000 bis 2018 sind in Österreich 708 Kinder im Alter 0 bis 14 Jahre nach einem Unfall verstorben. Davon waren 305 tote Kinder (=43%) im Straßenverkehr (Mitfahrer im Auto n=151 / 49%, Radfahrer n=26 / 9% und Fußgänger n=98 / 32%, Sonstiges 10%) zu beklagen.
Im Zeitraum von 2004 bis 2018 wurden an der Kinder- und Jugendchirurgie Graz insgesamt 19 verletzte Kinder nach Unfällen mit obig genannten Transportmöglichkeiten behandelt: 11 mal saßen die Kinder im Fahrradkindersitz, 7 mal in einem Fahrradanhänger und 1 mal
im Lastenrad. Unter all diesen Unfällen gab es einen einzigen Verkehrsunfall: ein anderer Radfahrer rammte das Fahrrad mit dem Kind im Fahrradsitz.
Das Unfallgeschehen im Detail
Unfallmuster beim Fahrradanhänger (7 Unfälle):
4x Umkippen des Fahrradanhängers durch zu wildes Kurvenfahren
2x Sturz des Kindes im Fahrradanhänger beim Hinsetzen bzw. Aufstehen
1x Sturz aus dem Fahrradanhänger beim Heraussteigen
Darunter gab es keine schwere Verletzung!
Unfallmuster beim Fahrradkindersitz (11 Unfälle):
3x Einzelsturz beim Radfahren
3x kam ein Kind mit dem Fuß in die Radspeiche
2x Umstürzen des Fahrrads beim Hineinsetzen / Herausnehmen des Kindes
1x stürzte das Kind aus dem Sitz
1x Verletzung der Hand an einem Zaun beim Hinausstrecken während der Fahrt
1x Verkehrsunfall: Kollision mit anderem Fahrradfahrer
Darunter gab es 2 schwere Verletzungen, nämlich den Bruch eines Unterarms und eine Gehirnerschütterung.
Unfallmuster mit dem Lastenrad (1 Unfall):
1x stürzte das Kind aus dem Sitz
Dabei gab es keine schwere Verletzung!
Gesamteinordnung des Unfallgeschehens
Im Zeitraum von 2004 bis 2018 wurden an der Kinder- und Jugendchirurgie Graz 19 Kinder nach einem Unfallgeschehen beim Transport mit dem Fahrrad behandelt. Im Vergleich wurden im selben 15jährigen Zeitraum in der gleichen Altersgruppe der Kinder- und
Jugendchirurgie Graz knapp 100.000 Kinder nach anderen Unfällen behandelt. Unfälle durch einen Fahrradtransport von Kindern weisen bei den behandelten Kindern letztlich einen Anteil von 0,02%
auf.