Sie, nennen wir sie Monika, war einsam. Nach einer unglücklichen, weil lieblosen Ehe, war sie nun geschieden. Er, nennen wir ihn Jonathan, schien der perfekte Mann zu sein: Gut aussehend, ein Offizier bei der US-Armee, gerade im Ausland stationiert. Er kontaktierte sie über ein soziales Netzwerk - ihr Profilfoto war ihm aufgefallen, schrieb er.
Sie hatten die gleichen Interessen, sie schrieben sich immer öfter. Er sagte ihr Dinge, die sie noch nie von einem Mann gehört hatte: „Du bist mein Engel auf Erden.“ Sie verliebte sich in ihn, er versprach ihr eine gemeinsame Zukunft. Endlich sollte es zum langersehnten Treffen kommen, doch dem Offizier fehlte das Geld für das Ticket - ein paar Hundert Euro, ob sie ihm aushelfen könne? Monika zahlte via Geldtransfer.
Doch es taten sich immer neue Hindernisse auf. Es fehlte das Geld für ein Visum, die Botschaft machte Probleme, er brauchte Geld für einen Anwalt. Schließlich musste seine Großmutter ins Krankenhaus, die Spitalskosten überwies Monika. Am Ende hatte sie dem Offizier Zehntausende Euro überwiesen, bis ihre Tochter Anzeige erstattete.
Das ist ein Muster, nach dem jene Betrugsfälle ablaufen, die Kriminalisten Love Scam nennen: Betrüger kontaktieren Frauen wie Männer über soziale Netzwerke, via Online-Dating-Plattformen oder direkt per Mail. Sie spielen ihnen die große Liebe vor: Durch liebevolle Nachrichten, intime Fotos und Telefonate bauen sie über einen längeren Zeitraum ein Vertrauensverhältnis auf und verstecken sich dabei hinter gestohlenen Profilen aus dem Internet.
Je nach Opfer werden Klischees bedient: Bei Frauen ist es oft „der starke Mann“, der sie beschützen und auf Händen tragen will. Bei Männern meldet sich die einfühlsame oder schutzbedürftige Frau, die von einem neuen Leben träumt - das erklärt der Sprecher des Bundeskriminalamts, das vor dem Liebesbetrug im Internet warnt.
100.000 Euro verloren
Fälle aus Österreich zeigen, wie groß der Schaden - neben der emotionalen Verletzung - sein kann: Eine 77-Jährige aus Vorarlberg überwies 100.000 Euro an einen Internetbetrüger, eine 45-jährige Klagenfurterin wurde von einem Mann, der ihr via Facebook die große Liebe vorspielte, um 50.000 Euro betrogen.
Viele der Opfer schämen sich, da sich die Frage stellt: Wie konnte man nur darauf hereinfallen? Die deutsche Psychologin Catarina Katzer erklärt das so: „Die Opfer werden in eine Form von Abhängigkeit gebracht.“ Sie werden süchtig nach der Zuwendung und den Liebesbekundungen, gleichzeitig schaffen es die Täter, die laut einer TV-Doku des WDR vor allem von Afrika und Russland aus operieren, die Betroffenen von ihrem Umfeld zu isolieren. Das ganze Leben drehe sich nur noch um die virtuelle Beziehung. „Das Misstrauen wird verdrängt, denn man will sich ja ein gemeinsames Leben aufbauen“, sagt Katzer.
Was Menschen wie Monika sagen? „Es tut verdammt weh.“