Rund um das Maskentragen an Schulen haben sich zahlreiche Diskussionen entzündet. Eine Studie von Forschern der Uni Graz zeigt nun, dass es in Leistungssportklassen mit uneingeschränktem Sportunterricht während der Wellen mit der Delta- und Omikron-BA.1-Variante des Sars-CoV-2-Erregers mehr Infektionen gab als in Vergleichsklassen ohne Sportschwerpunkt, in denen in dieser Zeit kein Turnen stattfand. Dort wurden diese Infektionen in der Folge aber quasi "nachgeholt".
Im Rahmen der kürzlich im Fachblatt "International Journal of Environmental Research and Public Health" veröffentlichten Forschungsergebnisse berichten die Bewegungswissenschaftler Gerald Jarnig und Mireille N. M. van Poppel von der Universität Graz sowie der Mediziner Reinhold Kerbl vom LKH Hochsteiermark in Leoben über die Entwicklung der Covid-19-Infektionen unter insgesamt 614 Schülern an einem Klagenfurter Bildungscampus. Ihr Altersdurchschnitt betrug rund 15 Jahre.
Psychische Probleme
Auch wenn bisher keine negativen körperlichen Auswirkungen des Tragens von Nasen-Mund-Masken nachgewiesen wurden, berichtet eine wachsende Anzahl an Studien über psychische Probleme, die die Virus-Eindämmungsmaßnahme mit sich bringen kann, wenn sie lange aufrecht bleibt, schreiben die Wissenschaftler in ihrer Arbeit. Daher gelte es, sorgfältig abzuwägen, ob die durch die Masken reduzierte Übertragung auch im Verhältnis zu etwaigen negativen Effekten steht. Wie groß der Dämpfungseffekt des Maskentragens ist, lässt sich jedoch schwer nachvollziehen, da an den meisten Schulstandorten im Pandemieverlauf mehr oder weniger einheitliche Regeln gegolten haben.
Ausgewählt wurde der Kärntner Schulstandort, weil es dort neben allgemeinen Klassen auch "Sportklassen" gibt. In letzteren war während des Untersuchungszeitraumes von September 2021 bis Ende April 2022 das Ausüben des Faches "Bewegung und Sport" im Gegensatz zu den allgemeinen Klassen durchgehend ohne Maske möglich, wie Jarnig gegenüber der APA festhielt. Dadurch ergab sich eine Art natürliche Experiment-Situation, die Rückschlüsse über die Unterschiede eines durchgehenden Einsatzes von Masken zu einem nicht durchgehenden Einsatz erlaubt.
In der durch die Delta-Variante geprägten Pandemie-Phase - also vor allem ab November 2021 bis zum Jahreswechsel - und in der ersten Omikron-Welle ab Mitte bzw. Ende Jänner zeigte sich, dass unter den 195 Schülern in "Sportklassen" der Anteil an mit dem SARS-CoV-2-Erreger infizierten Schülern signifikant höher lag, als es unter den 419 anderen Jugendlichen der Fall war. Wie viele andere bestätige auch diese Untersuchung also, dass das Maskentragen und das Einhalten von Mindestabständen an Schulen wirksam vor Infektionen schützt.
Allerdings wurden im Fall der untersuchten Klassen die höheren Covid-19-Zahlen lediglich aufgeschoben: Denn nach dem Ende der Maskenpflicht im Klassenverband und der flächendeckenden Wiederaufnahme des Sportunterrichts waren die Anteile an Jugendlichen, die eine PCR-bestätigte Covid-19-Infektion hatten, nahezu gleich hoch, berichten die Forscher, die in ihrer Arbeit von einer Art "Nachholeffekt" sprechen.
Verlässliche, medizinische Datenlage
Die Forscher plädieren angesichts der Ergebnisse dafür, die längerfristigen Vor- und Nachteile der Eindämmungsmaßnahme möglichst gut wissenschaftlich aufzuarbeiten. Es brauche hier künftig eine verlässliche medizinische Datenlage und keine individuellen oder regionalen Entscheidungen.
Auf Basis der Studie empfehlen Jarnig und Kerbl bei einem neuerlichen starken Anstieg des Infektionsgeschehens vor allem eine Einführung einer Maskenpflicht außerhalb des Klassenverbandes. Gleichzeitig spreche kaum etwas gegen das Beibehalten des regulären Unterrichts inklusive "Bewegung und Sport", wenn dieser nicht klassenübergreifend durchgeführt wird. Zudem würde es in einer solchen Situation u. a. Sinn machen, Lehrkräfte gezielt zu testen, die sich zwischen den verschiedenen Klassenverbänden an den Schulen bewegen. Für Kerbl sind die Masken "ein geeignetes Tool, wenn es darum geht, eine 'kritische Welle' abzuflachen". In anderen Pandemiephasen brächten sie im Schulkontext aber "wahrscheinlich keinen Vorteil".