In der Mode kehrt bekanntlich jeder Trend irgendwann wieder. Auf den Straßen lassen sich inzwischen Einflüsse aus den 1960ern bis in die frühen 2000er erkennen, ein Schmelztiegel aus unterschiedlichen Modestilen und Trends des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts. Ein Kleidungsstück, von dem sich vor allem die Millenials gewünscht hätten, es wäre weiterhin verschollen geblieben, sind sogenannte Low Rise Hosen, also Hosen, die tief auf der Hüfte liegen.
Verständlicherweise, setzt diese Art von Hose schließlich eine gewisse Körperform voraus und trägt nur in wenigen Fällen zum Anstieg des Selbstbewusstseins bei Trägerinnen und Trägern bei. Trotzdem hat es der Trend inzwischen wieder auf die Laufstege geschafft – dieitalienische Schwesterfirma von Prada, Miu Miu, trieb das Motto „Weniger ist mehr“ in den Präsentationen der Kollektionen für die heurige Frühlings- und Sommersaison vor Kurzem an die Spitze. Das „Miu Miu“-Set, eine Kombination aus einem Mikro-Rock und einer Kombination aus einem stark gekürzten Hemd und Pullover, dominierte nicht nur die Modewochen im vergangenen Oktober. Zahlreiche Persönlichkeiten der Modewelt wie Emily Ratajkowski, Chiara Ferragni, Caro Daur und Xenia Adonts trugen es bereits spazieren, auch in den sozialen Netzwerken gab es von der gewagten Kreation von Miuccia Prada kein Entkommen.
Frage der Exkludierung
Die frühen 2000er, die Hochzeit von Britney Spears, erlebt eine Renaissance in Form einer gewollt provokativ-provozierenden Verwandlung einer klassischen Schuluniform in ein modisches Statement. So wurde auch Nicole Kidman mit dem Set auf dem Magazincover der amerikanischen „Vanity Fair“ abgebildet. Mit dem Set dekonstruierte Prada konservative Kleidungsstücke, machte damit weltweit von sich reden und weckt Erinnerungen an Spears’ legendäres Musikvideo „Baby One More Time“ aus dem Jahr 1998.
Auch in der vor Kurzem präsentierten Herbst- und Winterkollektion 2022/23 wird der Trend fortgesetzt, die Hosen sitzen weiter tief, die Pullover und Hemden enden über dem Bauchnabel. Der Mikro-Rock hat ebenfalls erneut einen Platz in der Kollektion gefunden, diesmal inKombination mit Kurzblazern und kurz geschnittenen Lederjacken. Lange Strümpfe ergänzen die Kollektion an den Models, die Miuccia Prada über den Laufsteg schickte. Es ist ein Trend, mit dem Prada für Gesprächsstoff sorgt und gleichzeitig die Frage aufkommen lässt, wie tragbar Trends wie diese als Teil einer Prêt-à-porter-Kollektion (Fertig zum Tragen) tatsächlich sind. Über Praktikabilität lässt sich natürlich immer streiten, doch im Fall des „Miu Miu“-Sets schleicht sich, wie so oft in der Modewelt, die Frage der Exkludierung gewisser Körpertypen ein.
Rückschritt für Modeindustrie
Zum Tragen des Sets gehören in diesem Fall nicht nur wie bei anderen, weniger extremen Modetrends Mut, sondern auch Proportionen, die nur wenige Menschen tatsächlich aufweisen. Curvy-Model Paloma Elsesser präsentierte das Set auf dem Cover der „Out of Body“- Ausgabe des Magazin „i-D“ als Anspielung darauf, dass eine positive Entwicklung der Modeszene im Sinne einer inklusiveren Haltung gegenüber kurvigeren Models erneut einen Rückschritt erfahren würde.
Die Tendenz in Richtung Mikro-Röcken und tief sitzender Hosen reißt erneut die Kluft auf – zwischen einer jungen Gesellschaft, die stetig versucht, einen Gegenpol zum klassischen Schönheitsideal zu bilden und ein positives Körpergefühl unabhängig der eigenen Konfektionsgröße zu vermitteln, und einer Modewelt, die beim Schaffen neuer Trends trotz allem an alten Mustern festhält. Miuccia Prada besitzt ein unbestreitbares Feingefühl für die Entwicklung der Modeindustrie und setzt seit Jahren kontinuierlich Trends.
Als gesellschaftsfähig wird sich das „Miu Miu“-Set in Zukunft wohl nicht entpuppen, doch nicht jeder Trend muss automatisch auch seinen Weg in die Kleiderschränke der Mehrheit finden. Es reicht bereits, daraus zu lernen, dass es in der Modewelt noch dauern wird, bis diversere Körpertypen ihren Weg auf die internationalen Laufstege finden