Die Österreicher gelten als Weltmeister bei den Zeckenimpfungen, wurden aber in jüngster Zeit nachlässig beim Auffrischen gegen den FSME-(Frühsommer-Meningoenzephalitis)-Erreger. Dadurch steigt die Zahl der Erkrankungen stetig, und das erste Covid-19 Pandemiejahr war hierzulande auch ein FSME-Rekordjahr. 

Es sind zwar 80 Prozent der Menschen in Österreich gegen FSME-Viren grundimmunisiert, einen korrekten Impfschutz haben aber nur um die 60 Prozent, berichtete die Infektiologin und Fachärztin für Tropenmedizin Ursula Hollenstein bei einer Pressekonferenz. In einem "Hochrisikogebiet" wie Österreich sei dies zu wenig. Die Fallzahlen haben sich in den vergangenen zehn Jahren etwa verdoppelt.

Zecken sind in ganz Österreich zu finden

Im Vorjahr (2021) mussten 128 Menschen in Österreich mit FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) in den Spitälern aufgenommen werden. Die meisten davon in Oberösterreich (48), Tirol (25) und Salzburg (19). Vor FSME-tragenden Zecken sei man aber auch in den anderen Bundesländern nicht sicher, so Hollenstein: "Das ganze Land gilt als Endemiegebiet." Die Überträger lauern bis 1600 Meter Seehöhe im Wald, auf Wiesen und sogar "im Beserlpark von Wiener Gemeindebauten", erklärte Rudolf Schmitzberger von der österreichischen Ärztekammer. Die Klimaerwärmung verlängert ihre Saison zudem weit in den Herbst hinein, und auch im Winter sind Zeckenstiche mittlerweile keine Seltenheit.

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"FSME kann sogar durch nicht pasteurisierte Milchprodukte übertragen werden", sagte Gerhard Kobinger von der österreichischen Apothekerkammer. Selbst wenn man sich nicht in der Natur aufhält, sei man deswegen vor einer Infektion nicht gefeit. Manchmal bringt FSME acht bis zehn Tage nach einer Infektion "bloß" ähnliche Symptome wie eine Sommergrippe, erklärte Hollenstein. Über 40 Prozent der Patienten haben aber einen schweren Verlauf mit Gehirn- und Rückenmarksentzündungen, Bewegungs- und Bewusstseinsstörungen. Es trifft manchmal auch Kinder, die meisten Personen mit schwerwiegendem Verlauf sind aber über 50 Jahre alt. Ein bis zwei Prozent überleben die Krankheit nicht. 2021 starb auch ein Patient im Rahmen einer Doppelinfektion mit FSME und Sars-CoV-2, sagte die Medizinerin.

Grundimmunisierung und Auffrischung

Die einzige Möglichkeit sich vor FSME zu schützen, wäre durch eine korrekte Grundimmunisierung und zeitgerechte Auffrischungen, so die Experten. Das Impfschema in Österreich ist: Zwei Impfungen im Abstand von einem Monat und ein dritter Stich ein Jahr danach als Grundimmunisierung. Nach drei Jahren erfolgt die erste Auffrischung. Anschließend wird bei Menschen unter 60 Jahren alle fünf Jahre aufgefrischt, bei älteren im Dreijahresrhythmus. Von diesem Impfschema sollte man nicht abweichen, damit ein sicherer Schutz vorliegt, so Hollenstein. Auf Antikörpermengen (Titer) dürfte man sich nicht verlassen: "Daraus kann man nicht ablesen, wie lange die Wirkung noch anhalten wird", sagte sie.

Nebst FSME-Viren zu übertragen, können Zeckenstiche auch Fleischallergien auslösen, berichtete Schmitzberger. Im Speichel der Zecken befindet sich nämlich ein Zuckerstoff (Galactose-alpha-1,3-Galactose), der auch im Rind-, Schweine und Lammfleisch vorkommt. Wenn man bei einem Stich der Insekten quasi dagegen geimpft wird, geht das Immunsystem in Zukunft auch auf den Zuckerstoff los, wenn solch Fleisch verzehrt wird. Es kann zu Hautausschlägen und Atemnot kommen. Den Betroffenen bleibt nichts übrig, außer auf diese Nahrungsmittel zu verzichten und auch Gelatine zu meiden, die aus jenen Fleischsorten hergestellt wird, erklärte der Mediziner.