Eine kleine Traube an Repräsentanten, Fotografen und freiwilligen Helfern in grünen T-Shirts wartet schon gespannt vor der indischen Botschaft in Wien. Das Objekt ihrer Aufmerksamkeit kommt mit dem Motorrad, hat einen weißen langen Bart und nennt sich Sadhguru.

Der Mann aus dem Süden Indiens heißt mit bürgerlichem Namen eigentlich Jagadish Vasudev. Und er ist Yogi, Guru und ein selbsternannter Mystiker. In seiner Heimat ist Sadhguru ein spiritueller Superstar. Seine Millionen von Anhängern nutzt er für nichts Geringeres als die Rettung der Erde.

Bodensterben bedroht Leben auf der Erde

Seit einer Woche ist er auf seinem Motorrad unterwegs, um Bewusstsein für die aus seiner Sicht größte Bedrohung für Leben auf der Erde zu schaffen: das Aussterben fruchtbaren Bodens. #SaveSoil (etwa: Rette den Boden) heißt seine Kampagne, für die er in 100 Tagen 30.000 Kilometer von London nach Indien fährt.

Warum er das nicht mit dem Fahrrad tut? "Ich will mich doch nicht umbringen", antwortet er mit einem Lachen. Er nimmt den kleinen ökologischen Fußabdruck für das große Ganze in Kauf. Das Problem sei nicht länger aufschiebbar, auch nicht wegen des Krieges in Europa oder der Pandemie. "Wir müssen spätestens jetzt handeln. Sonst haben eure Kinder keine Zukunft mehr."

Klimawandel und Artensterben nur Symptome

Existenzielle Gefahren, die von der Zivilgesellschaft als ernst wahrgenommen werden – Klimawandel, Verlust der Biodiversität oder auch die Nahrungsmittelkrise – seien allesamt Symptome der sogenannten Bodendegradation. Der Boden sei der größte lebende Organismus der Erden, meint Sadhguru. In nur einem Teelöffel gesunder Erde "leben" Milliarden von Mikroorganismen.

52 Prozent der landwirtschaftlichen Böden seien jedoch bereits degradiert und somit unbrauchbar. Internationale Organisationen, wie etwa die UNCCD, widmen sich ebenfalls dem Kampf gegen die Degradation. Nun müsse man das angesammelte Wissen auch niederschwellig zugänglich machen. "SaveSoil ist keine Kampagne gegen irgendwelche Industrien oder Lobbys", betont der Guru, "aber wir alle kommen aus dem Boden. Ein Faktor, der uns alle vereint."

Sadhguru in der indischen Botschaft in Wien
Sadhguru in der indischen Botschaft in Wien © Jakob Illek

Das globale Narrativ verändern

Die Kampagne verfolgt einen holistischen Ansatz: Bei der breiten Bevölkerung muss zunächst Bewusstsein für das Problem entstehen. Parallel sollen die 193 Mitgliedsnationen der UN politische Schritte setzen, die organisches Material im Boden von "ein Minimum von drei bis sechs Prozent" garantieren.

Dabei kann Sadhguru bereits auf die Unterstützung von zahlreichen berühmten Persönlichkeiten zählen. Artenschutz-Ikone Jane Goodall hat sich genauso gemeldet, wie der Dalai Lama oder der Schauspieler Mark Wahlberg. Zuletzt stand Supermodel Toni Garrn mit dem 64-Jährigen in Berlin live auf der Bühne.

Und was kann jeder für sich tun? #SaveSoil will die Menschen dazu ermutigen, sogenannte Earth Buddys zu werden: Zehn Minuten am Tag in den nächsten 100 Tagen sollen reichen, genug Menschen auf die Bedeutung dieses Problems aufmerksam zu machen. "Wir müssen das Narrativ auf unserem Planeten in Richtung Rettung des Bodens ändern. Sagt es jedem Menschen, den ihr trefft: Save Soil!"