Männer dürfen traurig sein. Sie dürfen verunsichert sein. Und natürlich dürfen sie auch feminin sein. Sie können Nagellack tragen, ebenso wie Make-up. Und überhaupt können Kleider Fixbestandteil einer jeden Garderobe sein, unabhängig des Geschlechts. All das sollte selbstverständlich sein. Ist es aber nicht immer. Warum?

Mit dieser Frage beschäftigen sich Benjamin Wagner und Matthias Tschannett nun schon seit geraumer Zeit. Sie sind Psychotherapeuten in Ausbildung unter Supervision und haben in Wien die Initiative „Mannsbuilder“ ins Leben gerufen. Ziel der Plattform, die im Oktober des vergangenen Jahres gegründet wurde, ist es, im Rahmen regelmäßiger Treffen offen über Männlichkeit und Rollenbilder zu reflektieren.
Gesprochen wird über Beziehungen, den Umgang von Männern mit Männern, über Konkurrenz, Gefühle, Verletzlichkeit, Männerfreundschaften und vieles mehr. Tschannett: „Ein Fixpunkt beschäftigt sich mit unseren Beobachtungen der Medien und wie beziehungsweise was diese vor dem Hintergrund des Themas Männlichkeit berichten.“

Besonders im Marketing-Bereich werden Männer gerne als starke Wesen mit Bärten und einer gehörigen Portion Coolness und Stärke dargestellt. Verletzlichkeit oder Sensibilität wird dabei nicht oft gezeigt. „Mit Sprüchen wie ,Buben weinen nicht!‘ bringen wir Burschen bereits im sehr jungen Alter bei, sich zu verschließen und Dinge herunterzuschlucken. Besteht nicht die Möglichkeit, dass es mehrere, unterschiedliche Männlichkeiten gibt?“, fragen sich Wagner und Tschannett.

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Auch im Alltag thematisieren

Nicht nur hinter verschlossenen Türen solle man über das Thema sprechen. Toxische Maskulinität müsse auch im Alltag thematisiert werden. Was es braucht, so Wagner, sind Männer, die Freunde zurechtweisen und einen Diskurs starten, wenn diese sexistische Witze erzählen: „Darüber hinaus denke ich, dass auch bezogen auf Männer ein gesellschaftlicher Diskurs zum Thema Körperbilder hilfreich sein kann. Wie viele Männer sehen schon so aus wie die männlichen Models auf den Plakatwänden?“ Das umfasst auch Faktoren, die unveränderbar sind, wie etwa Körpergröße, Haarwuchs oder Stimme. Der Bedarf der „Mannsbuilder“-Plattform – so das Duo – ist absolut gegeben. Denn mit der Emanzipation der Frau hat sich auch die Rolle des Mannes verändert.

Aktuell treffen sich die Mitglieder der Gruppe in Wien alle zwei Wochen unter Berücksichtigung der Corona-Maßnahmen. Wer es zeitlich und örtlich lieber flexibel hat, kann auf den Podcast des Duos zurückgreifen, den es seit Kurzem gibt. Bier, Autos, Bartpflege, Krafttraining — um all das geht es dabei nicht. Das Projekt ist– ähnlich wie die Männergruppe – eine Initiative, die Klischees trotzt und Geschlechterrollen aufbricht.

"Mannsbuilder" zum Hören

So sprechen Wagner und Tschannett in der ersten Folge mit ihrem Studiogast, Geschlechter- und Psychoanalytiker Erich Lehner, über die Dinge, die sie wirklich beschäftigen. Zum Beispiel gehen sie der Frage nach, warum viele Männer Probleme damit haben, ihre Gefühle in Worte zu fassen. Oder was hinter dem Begriff Feminismus steckt. So viel vorweg: Bei Feminismus geht es nicht nur um Frauen.
„Die erste Folge kam sehr gut an. Es ist uns gelungen, in den österreichischen Spotify-Podcast-Charts unter den Top 50 zu ranken“, freut sich das Duo.