Täglich lesen wir von schweren Covid-Fällen, genesenen Menschen, Intensivstationenauslastungen und Maßnahmen, die eine Verbreitung des Virus verhindern sollen. Oft bleibt dabei aber im Dunkeln, was genau bei einer Coronainfektion im Körper passiert. Was macht SARS-Cov-2 gefährlicher als so manch andere Viren? Wie kann es sein, dass eine Krankheit so viele verschiedene Organe betreffen kann? Und wie wird aus einer milden Erkrankung ein schwerer Verlauf?
Moderater Beginn
Alles beginnt mit ein paar Tröpfchen – nämlich mit solchen, die jeder Mensch beim Sprechen, Husten, Niesen oder Singen nach draußen abgibt. Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler Universitätsklinikum, erklärt: „Es handelt sich hier um eine sogenannte Tröpfcheninfektion. Das heißt, die Viren selbst sind an Tröpfchen gebunden. Diese erreichen üblicherweise beim normalen Sprechen eine Reichweite von 60 bis maximal 80 Zentimetern.“ Abstandhalten und Maskentragen kann verhindern, dass diese Tröpfchen von einer Person zur anderen gelangen.
„Wenn es aber Tröpfchen dennoch gelingt, mit den Schleimhäuten eines Menschen in Kontakt zu kommen, dann kommt es zur Infektion. Im Regelfall passiert das über Eintrittspforten wie den Mund oder die Nase“, so der Experte. Dann befällt das Virus in erster Linie Zellen in den oberen Atemwegen und benutzt diese Zellen. „Das Virus selbst ist kein lebensfähiges Gebilde, sondern es braucht immer Strukturen, die es ausnützen kann. So nützt es eben menschliche Zellen, um sich selbst zu vervielfältigen“, sagt der Lungenfacharzt. Dabei werden die Zellen allerdings beschädigt. Das verursacht dann Beschwerden wie etwa Schnupfen oder Halsschmerzen.
In der Lunge gefährlich
Meist bleibt das Virus aber nicht in den oberen Atemwegen, sondern wandert weiter in die tieferen Atemwege wie die Lunge. „Dort wird es dann bedrohlich, denn der wesentliche Unterschied zu den oberen Atemwegen ist, dass es in der Lunge eben nicht nur um Luftleitung geht. Hier passiert auch die Sauerstoffaufnahme“, so Lamprecht. Wenn zu viele Zellen in der Lunge geschädigt werden, entsteht Atemnot. Dadurch muss auch mehr Kraft für das Atmen aufgebracht werden und die Atemmuskulatur wird schwer belastet. „Hat ein Patient Sauerstoffmangel bzw. Atemnot, muss er immer mehr Atemzüge machen, um die einigermaßen ausreichend Sauerstoff zu bekommen.“ Das kann auch eine Erschöpfung der Atemmuskulatur zufolge haben.
Dazu kommt ein weiteres Problem: Das Coronavirus kann zu Entzündungen in den Blutgefäßen führen – genauer gesagt sind vor allem die Innenwände dieser Gefäße betroffen: „Und Blutgefäße hat man natürlich überall, in allen Organen. Das erklärt gut, warum es auch zu Herz- oder Nierenschädigungen und zu Beteiligungen des Gehirns oder des Darms kommen kann“, sagt der Experte.
Thrombosegefahr
Im Blutkreislauf kann noch ein anderes Problem entstehen. Wenn dort Entzündungen vorliegen, kann es zur Bildung von Blutgerinnseln kommen. Das kann wiederum Thrombosen oder Embolien zufolge haben. „Solche sind sehr gefürchtet, weil sie Organschäden auslösen“, so der Lungenfacharzt.
Neben den Schäden, die das Virus selbst im Körper anrichten kann, besteht auch die Möglichkeit, dass das eigene Immunsystem während der Erkrankung gefährlich agiert. „Grundsätzlich reagiert jedes Immunsystem auf Eindringlinge mit Entzündungsreaktionen, um diese wieder loszuwerden. Allerdings können solche Reaktionen auch überschießend ausfallen. Wenn es dazu kommt, dann kann die Entzündungsreaktion mehr Schaden anrichten, als sie Nutzen stiftet“, so der Experte.
Dass eine Coronaviruserkrankung einen schweren Verlauf hat, kann also unterschiedlichste Gründe haben. Grundsätzlich spricht man immer dann von einem schweren Verlauf, wenn der Krankheitszustand einen Aufenthalt im Spital notwendig macht.
Im Krankenhaus gibt es mittlerweile einige Möglichkeiten den Betroffenen zu helfen. Bekommt jemand schwer Luft, kann Sauerstoff gegeben und maschinell bei der Atmung geholfen werden. „Wenn wir von einem schweren Verlauf ausgehen, wird außerdem immer eine Prophylaxe gegen Blutgerinnungsstörungen verabreicht. Gibt es überschießende Immunreaktionen, kann man auch diese mit Medikamenten drosseln“, sagt Lamprecht.
Selbstbeobachtung
Doch wie weiß man, dass – im Falle einer vorliegenden Coronaviruserkrankung – der Zeitpunkt gekommen ist, an dem man sich in ein Krankenhaus begeben sollte? „Grundsätzlich gibt es dafür zwei Indikatoren: Ein Grund ist sicherlich Atemnot, welche schon in Ruhephasen auftritt. Ein weiteres Warnzeichen ist hohes Fieber, das über Tage nicht abnimmt“, sagt der Experte.