Nur noch rund jedes eintausendste Schulkind unter 14 Jahren ist momentan Träger des SARS-CoV-2-Virus, ohne dies zu wissen, berichtet der Mikrobiologe Michael Wagner von der Uni Wien. Daher "besorgt mich die aktuelle Lage weniger". Problematisch würde es aber, wenn sich das Bild im Herbst ändert, und die jetzt "gut funktionierende Maßnahme" des Maskentragens im Unterricht ab der fünften Schulstufe schwieriger wieder einzuführen ist, so der Leiter der Schul-"Gurgelstudie".
Das "international beispielgebende" verpflichtende Testen an Schulen oder das gestaffelte Maskentragen (Volksschüler mussten Mund-Nasen-Schutz nur abseits ihres Platzes im Schulgebäude tragen, Schüler ab zehn auch am Platz und Schüler ab 14 FFP2-Masken) habe an Österreichs Schulen das Infektionsgeschehen doch deutlich eingebremst, konstatierte Wagner gegenüber der APA. Bei einer ähnlichen Gesamtinzidenz wie aktuell lag im Herbst 2020 im Rahmen der großangelegten Studie an 250 Schulen die Dunkelziffer dort bei rund 0,4 Prozent.Dieser Wert sei nun noch niedriger, so der Wissenschafter: "Lockert man diese wirkungsvollen Maßnahmen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Dunkelziffer in den Schulen wieder ansteigt." Dass schon ein Teil der Eltern geimpft ist und "auch der von mir und vielen anderen Experten in seiner Dimension etwas unterschätzte" starke saisonale Effekt wirke dem natürlich zum Glück entgegen. In den wenigen verbleibenden Schultagen könne er sich durch das Wegfallen der Maskenpflicht am Platz ab morgen "keine Fallexplosion vorstellen", sagte Wagner.
Falsches Signal
Auch wenn bis zum Ferienstart vermutlich nicht viel passieren werde, sende man hier trotzdem auch ein weiteres Signal an die Bevölkerung, dass die Pandemie vorbei sei: "Das ist es halt nicht." Man sehe etwa in Großbritannien, dass durch die erstmals in Indien detektierte, offenbar deutlich ansteckendere Delta-Variante vor allem unter den - natürlich meist noch ungeimpften - Kindern und Jugendlichen ein erneutes Ansteigen der Zahlen zu sehen ist.
Laut Modellierungsexperten, könnten schon vermutlich um die 30 Prozent Nicht-Geimpfte insgesamt für eine "signifikante vierte Welle" ausreichen. Würde dann im Herbst vielleicht wieder eine Verschärfung der Maßnahmen an Schulen nötig, habe man möglicherweise "Schwierigkeiten beim Re-Installieren", der mittlerweile gut etablierten Maskenpflicht. Eine jetzt konservativere Herangehensweise könne dann auch längerfristig stärkere Einschränkungen verhindern, glaubt Wagner.
Engmaschiges Monitoringsystem wichtig
Einmal mehr wichtig ist für den "Gurgelstudien"-Leiter, dass es zum Schulstart weiter ein möglichst engmaschiges Monitoringsystem an Schulen mit wiederkehrenden PCR-Tests gibt. Die positiven Proben sollten dann alle genomsequenziert werden, um zu wissen, welche Virenvarianten an den Schulen tatsächlich zirkulieren. Dementsprechend könnte man bei frühen Warnzeichen dann regional entsprechend, nach klar festgelegten Regeln reagieren.
Virologin Dorothee Von Laer von der Medizinischen Universität Innsbruck sah am Montag im Ö1-Morgenjournal "Zahlen, bei denen kann man sich schon ein bisschen entspannen jetzt im Sommer". Auch sie mahnte jedoch zur Vorsicht: Gebe es Ausbrüche in einzelnen Bezirken, müsse die Maskenpflicht dort wieder eingeführt werden. "Aber es müssen deswegen nicht alle Bezirke in Österreich darunter leiden, wenn in ein, zwei Bezirken die Zahlen doch wieder deutlich steigen."
Große Belastung für Kinder und Jugendliche
Dass die Maskenpflicht nun erst mal eingeschränkt wird, ist für den Sprecher des Bundesverbandes der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen (BEV), Christoph Drexler, ein positives Signal: "Man darf nicht vergessen, dass die betreffenden Kinder, also Sekundarstufe I und II, die Maske für sechs, acht oder sogar zehn Stunden am Tag tragen mussten. Das war natürlich schon eine Belastung für die Kinder und Jugendlichen."
AHS-Lehrergewerkschafter Herbert Weiß (FCG) begrüßte den Schritt im ORF-Radio ebenfalls. "Es ist ganz klar, je wärmer es wird, desto unangenehmer ist das Tragen der Masken für alle. Insofern ist das sicher ein guter Schritt", so Weiß, der hervorhob, dass dies auch eine Erleichterung für die Lehrer sei, etwa bei engen Gruppenarbeiten aber immer noch die Maske getragen werden könne.