Nach 55-jähriger Kocherfahrung – zuerst als Haubenkoch und dann als Kochlehrer, sagen Sie in Ihrem neuen Buch über „Pannenhilfe“ in der Küche: „,Shit’ ist mit großer Wahrscheinlichkeit der gängigste Fachausdruck in der Küche.“ Schuld sind die Rezepte?
PETER KIRISCHITZ: Nein. Ich habe zu meinen Schülern immer gesagt, dass Rezepte das Unwichtigste sind. Man braucht sie, um zu wissen, was man einkaufen muss. Viel wichtiger sind beim Kochen aber die Reihenfolge, in der man Zutaten verarbeitet, und das Spiel mit der Temperatur. Kochen ist eher eine logistische Sache. Anfangs wollte ich in mein Buch auch gar keine Rezepte schreiben, sondern nur die Fehlerquellen aufzeigen. Wenn ich die Leute aber frage, woran es liegt, wenn etwas daneben geht, meinen 90 Prozent: ,Das Rezept funktioniert nicht.’ Deshalb finden sich trotzdem Rezepte in meinem Buch – und dazu eine Zubereitungsbeschreibung mit Hinweisen, was alles daneben gehen kann.
Logistik und Temperatur also: Was kann man sich darunter konkret vorstellen?
PETER KIRISCHITZ: Das Wichtigste ist, ein Gefühl für Lebensmittel zu haben, zu wissen, was man einem Lebensmittel antun kann bzw. nicht antun sollte: Also bei welcher Temperatur man es zubereiten kann. Und Kochen braucht Vorbereitung. Ehe man damit anfängt, sollte man alle schmutzigen Arbeiten erledigt haben: Also zuerst das Gemüse schälen, dann den Platz sauber machen und weiterarbeiten. Dann macht das Kochen auch Spaß. Es ist furchtbar, wenn ich in der Praxis immer wieder sehe, dass die Küche übergeht: Zwischen Zwiebelschalen und ausgelöstem Huhn wird dann am Schneidbrett vielleicht noch das Butterbrot gestrichen – furchtbar.
Das Fingerspitzengefühl, das Sie hier ansprechen kann man allerdings nicht lernen.
PETER KIRISCHITZ: Doch, das bekommt man durch viel Übung, wobei man nicht sagen kann: ,Zerstört ruhig einmal 100 Gerichte, beim 101sten funktioniert es dann.’ In manchen Kochbüchern wird beschrieben, wie man erkennt, dass Steaks den richtigen Garpunkt haben: Da wird auf Druckproben hingewiesen, das Gefühl dafür hat man aber erst, wenn man schon sehr viele Steaks gebraten hat. Bis dahin orientiert man sich besser an Zeiten – die allerdings davon abhängen, wie ein Steak geschnitten wurde, ob es Zimmertemperatur hat etc. Ich habe dafür in meinem Buch eine Tabelle angegeben.
Wenn Sie sagen, man müsse wissen, was ein Lebensmittel aushält, meinen Sie aber nicht nur die Temperatur in der Pfanne.
PETER KIRISCHITZ: Nein, ich muss auch wissen, welche Wartezeit und Zeit zum Warmhalten ich einem Lebensmittel zumuten kann. Gemüse sollte man nicht zwei Stunden vor der Verarbeitung herrichten, dann wird es nämlich hässlich braun, während man gedünstetes oder gekochtes Fleisch natürlich sehr zeitig zubereiten kann. Die Frage ist also: „Was mache ich wann?“ und da sind wir wieder bei der Logistik.
Relativ viele Menschen schaffen es, fünf bis zehn Gerichte unfassbar gut hinzubekommen. Am Rest scheitern sie aber. Warum ist das so? Diese Menschen kennen doch die Grundlagen beim Kochen?
PETER KIRISCHITZ: Es stimmt: Diese Menschen kennen die Grundlagen, aber sie können mit dem Wissen, das sie haben, nicht spielen. Sie haben ein Gefühl für eine ganz bestimmte Grundzubereitungstechnik, aber sie wissen nicht, dass das, was sie an einer Ecke machen, auch an einer anderen Ecke funktioniert, - manchmal reicht schon ein anderer Wein zum Ablöschen oder mit Kräutern und Pilzen zu spielen. Diese Menschen beherrschen zwar eine Grundtechnik, aber um Kochen zu können, sollte man mit verschiedenen Grundtechniken spielen können. Das arbeite ich in meinem Buch auch gut heraus.
Vor allem bei der Beilagenküche hört sich die Fantasie im Durchschnittshaushalt rasch auf.
PETER KIRISCHITZ: Ja, es wird unterschätzt, was man mit Gemüse alles machen kann. Wenn man bei einem Rendezvous richtig punkten möchte, rate ich dazu, mehr Wert auf die Beilagen zu legen.
Gibt es besondere Tricks, um etwas, das scheinbar ungenießbar geworden ist, noch zu retten?
PETER KIRISCHITZ: Ich bin kein Freund derartiger Rettungsversuche, sondern dafür, beim Kochen zu versuchen, die klassischen Fallen zu vermeiden. Fehler machen übrigens nicht nur Hobby-Köche, sondern auch Profis.
Vier Tipps vom Profi
- Gemüse warm halten: Gemüse kühlt nach dem Anrichten leicht aus. Kirischitz rät: Nicht mit Butter sparen! Fett ist nicht nur Geschmacksverstärker, sondern sorgt auch für Glanz. Vor allem aber hält Fett das Gemüse viel länger warm!
- Schnee schlagen: Schnee gelingt am besten in einer Metallschüssel, mit etwas Zitronensaft und Salz im sauberen Eiklar geht es leichter. Wenn Zucker nötig ist, diesen immer nur nach und nach in den werdenden Schnee schlagen!
- Kartoffeln kochen: Die „Heurigen“ schmecken nach dem Kochen wässrig? Das Gegenmittel: Prinzipiell werden Kartoffeln zwar in kaltem (gesalzenem!) Wasser zugestellt, nicht aber die jungen: Die gehören in kochendes Wasser.
- Reis kochen: Ihr Reis brennt immer an? Kirischitz dünstet ihn deshalb im Backrohr: Zuerst auf der Platte etwas einkochen lassen, dann 20 Minuten zugedeckt im Backrohr bei 150 Grad dünsten. Dabei nie mehr umrühren!