Der Virologe Christian Drosten geht in Deutschland von einer bisher geringen Verbreitung der ansteckenderen Corona-Variante aus, die zunächst in Großbritannien entdeckt wurde. Er sehe jetzt ein Zeitfenster, um die Ausbreitung hierzulande im Keim zu ersticken, sagte der Experte für Coronaviren von der Berliner Charite am Dienstag im Podcast "Coronavirus-Update" bei NDR-Info.In Großbritannien hätten Lockdown-Maßnahmen bereits Effekte gezeigt.
Anhand nun vorliegender Daten ist für den Virologen anzunehmen, dass die Variante tatsächlich ansteckender ist als frühere Formen. "Wir haben den Befund auf dem Tisch. Wir haben es mit einer Mutante zu tun, die sich schneller verbreitet. Das quantitative Ausmaß, das muss man tatsächlich noch mal diskutieren." Die Variante ist nach Einschätzung Drostens um einen kleineren Prozentsatz ansteckender als zunächst angenommen - anfangs war von 50 bis 70 Prozent im Vergleich zu früheren Formen die Rede.
Zu Weihnachten eingeschleppt
Nachdem zuletzt eine starke Ausbreitung bestimmter Corona-Varianten im Ausland beobachtet wurde, wird nun auch in Deutschland verstärkt danach gesucht. Das gilt aber nicht für jede Probe. Drosten geht von eingeschleppten Fällen vor allem über die Weihnachtstage aus. Die in Großbritannien entdeckte Variante B.1.1.7 etwa wurde laut Robert Koch-Institut (RKI) bisher in 20 Fällen in sechs Bundesländern nachgewiesen (Stand 17.1.).
Drosten sagte, noch würden Daten zusammengetragen, in den kommenden Wochen lasse sich mehr über die Situation hierzulande sagen. Nach seiner Schätzung mache die Mutante ungefähr ein Prozent oder weniger der Fälle in Deutschland aus. Generell betonte Drosten, dass Virusmutationen normal seien und auch nicht zwangsläufig mit relevanten Veränderungen der Eigenschaften einhergehen. Auch er kenne natürlich nicht alle Corona-Varianten.
Über den leichten Rückgang der Corona-Infektionszahlen in Deutschland sagte der Virologe, der Trend sei vermutlich "jetzt so langsam echt" und nicht mehr durch die Feiertage verzerrt. Über Weihnachten und Silvester war zum Beispiel deutlich weniger getestet worden, manche Behörden meldeten zudem ihre Daten mit Verzug ans RKI. Deshalb galten die Zahlen als schwer zu interpretieren.