Hygge, Koselig oder Lagom - Gemütlichkeit hat viele Gesichter und auch Namen.
"Hygge dreht sich eher um Atmosphäre und Erleben als um Dinge. Es geht darum, mit unseren Lieben zusammen zu sein. Uns zu Hause zu fühlen. Um das Gefühl, in Sicherheit zu sein, abgeschirmt von der Welt, an einem Ort, wo wir nicht wachsam sein müssen. Man kann endlos über die großen und kleinen Dinge des Lebens reden. Oder sich in einträchtigem Schweigen zusammensetzen. Oder ganz allein sein und eine Tasse Tee trinken", schreibt der dänische Glücksforscher Meik Wiking zu Beginn seines Bestsellers Hygge, der 2016 den dänischen Fachbegriff für das Glück der kleinen Dinge auch in unseren Breiten bekannt machte.
Nicht nur Dänen geht's gut
Trotzdem erscheint es auf den ersten Blick wie ein Widerspruch: Die skandinavischen Länder erleben lange, dunkle und kalte Winter, in denen die Sonne für Wochen, ja sogar monatelang nicht zu sehen ist, aber trotzdem rangieren sie beim World Happiness Report stets in den vorderen Rängen.
“Det finnes ikke dårlig vær, bare dårlige klær”
Was machen die Menschen im hohen Norden also anders? "Wir gehen bei jedem Wetter raus und machen Sport", erklärt Ragnhild Ås Harbo von der Plattform "Visit Norway" das sogenannte "Friluftsliv".
Es gilt die Devise - “Det finnes ikke dårlig vær, bare dårlige klær” - "Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Ausrüstung."Sport sei ein überaus wichtiger Teil der norwegischen Kultur, der nicht nur fit, sondern auch glücklich macht. "Wir haben diese großartige Landschaft direkt vor der Haustür. In Oslo muss man beispielsweise nur 15 Minuten mit der U-Bahn fahren, um Langlaufen gehen zu können."
Koselig: Kerzen, Wollsocken, heiße Schokolade
Die Norweger machen es sich nach den Ausflügen in die prickelnde Kälte aber auch gerne daheim "koselig". "Es geht darum sich wohl-, gut- und sicher aufgehoben zu fühlen." Deswegen wird auch gerne Zeit und Geld in Einrichtung investiert. "Wir verbringen eben auch viel Zeit drinnen, da will man es gemütlich haben."Die Grundzutaten, damit auch ja nichts schiefgehen kann? Kerzen, Wollsocken und heiße Schokolade", erklärt Harbo das norwegische Dreigestirn, das in dunklen Nächten zur Gemütlichkeit lotst.
Über Generationen hinweg
Natürlich falle es nicht jedem so leicht, mit den langen und dunklen Wintern zurechtzukommen. Pünktlich zum Herbstbeginn gibt es auch hier in den Zeitungen zahlreiche Tipps, damit der Winterblues erst gar keine Chance hat. "Wir sind an diese Winter gewöhnt, wir haben über Generationen hinweg gelernt, mit der langen dunklen Phase umzugehen", sagt Harbo. "Natürlich hilft in diesen dunklen Wintern auch die Aussicht auf den Sommer, wo die Sonne dann monatelang gar nicht untergeht." Mit der Wärme Mitternachtssonne im Herzen lässt sich auch der kälteste Winter überstehen.
"Es ist dunkel, sehr, sehr dunkel"
Gerit Gatterer studiert in Wien seit dem Jahr 2016 Skandinavistik und hat ein Jahr in Umeå verbracht, der größten Stadt Nordschwedens. „Es ist eine zehnstündige Zugfahrt von Stockholm entfernt und dort oben ist es dunkel, sehr, sehr dunkel.“
Bunt gemischt im Fitnesscenter
„Im Fitnesscenter trifft man Kinder und Senioren. Es ist bunt gemischt und gehört dazu.“ Sie betont aber auch, dass nicht alle so gut mit dem Winter umgehen können. „Ich habe in Gesprächen schon herausgehört, dass viele mit den Folgen der langen Dunkelheit zu kämpfen haben. Aber, was die Schweden tun: Sie gehen raus. Immer und bei jedem Wetter. Sie ziehen sich dick an, nehmen Kaffee und Jause mit und essen eben draußen im Schnee bei minus 15 Grad.“