Ist das Barfen, also die Rohfütterung von Hunden oder Katzen, für die Tiere automatisch gesünder?
Bislang gibt es keine wissenschaftliche Studie, die klare Vorteile der Fütterungsmethode gegenüber hochwertiger Tiernahrung aus dem Handel bestätigt. „Dennoch wollen viele Tierbesitzer ihren Lieblingen mit dem frisch und selbst zubereiteten Mahlzeiten einfach etwas Gutes tun“, sagt Kurt Frühwirth, Präsident der Österreichischen Tierärztekammer. „Das ist in den meisten Fällen eine persönliche Entscheidung.“

Gibt es Fälle, bei denen das Barfen medizinisch notwendig sein kann?
„Gut eignet sich das Barfen zum Beispiel bei Tieren, die unter Allergien und Unverträglichkeiten bei Futtermitteln leiden“, sagt der Veterinär. „Es gibt Tiere, bei denen das so stark ausgeprägt ist, dass sie kein fertiges Alleinfutter vertragen.“ Oft genügt aber auch die Umstellung auf eine Sorte aus dem Handel, die nur eine tierische Eiweißquelle enthält, die das Tier gut verträgt: Meist reagieren Hund und Katze nämlich auf die Proteine der Fleischart im Futter.

Was muss man wissen, bevor auf Rohfütterung umgestellt wird?
Barfen bedeutet nicht, dass man dem Tier einfach nur rohes Fleisch vorsetzt: „Vielmehr braucht es dafür einen individuellen Ernährungsplan, um die Bestandteile der einzelnen Rationen zu berechnen – sonst kann es zu einem Mangel oder einer Überdosierung von Nährstoffen kommen, die zu gesundheitlichen Problemen führen können“, sagt Frühwirth. In eine Ration etwa gehören neben Fleisch, Innereien und Knochen auch Gemüse und Obst, Kohlehydrate, Ballaststoffe, Öle oder Nahrungsergänzungsmittel nach genauer Dosierung. „Das ist aufwendig und setzt viel Wissen voraus“, sagt der Tierarzt. Es gibt im Handel aber auch fertig zusammengestellte Barf-Portionen zu kaufen, die als Alleinfuttermittel gekennzeichnet sind.

Ist die Zusammensetzung von Dosenfutter auch so komplex?
Ja. Für Alleinfuttermittel aus der Dose ist die Zusammensetzung der Rationen rechtlich geregelt: Das österreichische Futtermittelgesetz schreibt die Nährstoffe vor, die den Bedarf des Tieres unter Berücksichtigung von altersabhängigen und haltungsbedingten Gegebenheiten decken. „Diese Mindestanforderungen müssen alle
Sorten im Handel erfüllen“, sagt Frühwirth.

Wer kann einen Ernährungsplan erstellen?
Da man die Ausbildung der Berater in Tierfuttergeschäften schwer beurteilen kann, rät Frühwirth, sich beim Tierarzt beraten zu lassen.
„Einige haben mit dem Diplom ,Ernährungsberatung Kleintier‘ eine Zusatzausbildung gemacht.“

Worauf muss man noch achten?
„Sehr wichtig ist strenge Hygiene beim Lagern und Hantieren mit dem rohen Fleisch“, sagt Frühwirth. Weil es nicht gekocht ist, können sich Krankheitserreger schneller verbreiten. „Zudem sollte man beim Füttern von Knochen vorsichtig sein. Die Tiere können sich beim Kauen an Splittern verletzen.“

Sollte man das Tier regelmäßig auf Nährstoffmängel untersuchen lassen?
Das ist nur bei Symptomen sinnvoll. Zwar kann man mit Bluttests Nährstoffmängel erkennen, aber nicht alle, wie etwa bei Kalzium oder Kupfer. „Auch deshalb ist ausgewogene Ernährung so wichtig“, sagt Frühwirth.

Gibt es Tiere, die man nicht barfen sollte?
Vorsicht ist bei Junghunden geboten: „Werden sie im Wachstum nicht mit allen Nährstoffen versorgt, kann das zu Entwicklungsschäden am Skelett führen“, sagt Frühwirth. Auch bei Tieren mit Vorerkrankungen wie etwa Nierenschwäche ist Vorsicht geboten: Sie brauchen eine wiederum speziell abgestimmte Diät.

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