Der 5. Mai wird Jahr für Jahr unter der Schirmherrschaft der WHO als „Welttag der Händehygiene“ begangen. Das Motto dieses Gesundheitstages „Hände waschen – Leben retten“ hat in diesem Jahr angesichts der aktuellen SARS-CoV-2-Pandemie für breite Bevölkerungsschichten eine ganz neue Bedeutung und Aktualität bekommen.

„Händehygiene ist stärker im Lebensalltag der Menschen angekommen als je zuvor und es besteht mehr Bewusstsein dafür, dass sie nicht nur für das Gesundheitspersonal, sondern für alle Menschen eine große prophylaktische Bedeutung hat,“ sagt Klaus Markstaller, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) und Leiter der Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie (MedUni Wien/AKH Wien).

Studien zeigen Effektivität

Dass die regelmäßige und richtige Handhygiene, wie sie auch in der Grippesaison oder zur Vorbeugung von Erkältungserkrankungen empfohlen wird, zur Eindämmung von SARS-CoV-2-Infektionen eine zentrale Bedeutung hat, wird durch aktuelle Studien belegt. So ging ein britisches Forscherteam der Frage nach, ob kulturelle Unterschiede zwischen Ländern und Regionen in Hinblick auf die Händehygiene einen Einfluss auf das Tempo der Verbreitung von SARS-CoV-2-Infektionen haben. „(...) Wir können mit unserem Modell zeigen, dass die Handhygiene-Kultur ein wichtiger Faktor ist, um die Heterogenität der Größe der Ausbrüche zu erklären“, schreiben die Autorinnen und Autoren.  Die Zeit werde zeigen, ob die aktuellen Kampagnen zu einer weltweit einheitlicheren Handhygiene-Kultur führen werden.

„Die Hände kommen häufig mit Keimen in Kontakt und können diese auf alles übertragen, was anschließend angefasst wird. Beim Händeschütteln oder über gemeinsam benutzte Gegenstände können auch Krankheitserreger leicht von Hand zu Hand weitergegeben werden. Berührt man dann mit den Händen das Gesicht, können die Erreger über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen“, erklärt Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der Österreichischen Apothekerkammer. Händewaschen überbreche diese Übertragungswege.

Kobinger empfiehlt oftmaliges, etwa 30 Sekunden dauerndes Händewaschen mit Wasser und Seife oder einem Händedesinfektionsmittel. „Auch zwischen den Fingern verreiben, dann sorgfältig abspülen und abtrocknen. Und besonders vor dem Zubereiten von Speisen, vor dem Essen oder nach dem nach Hause kommen“, so Kobinger. Durch Disziplin beim Händewaschen lasse sich das Ansteckungsrisiko bei vielen Infektionskrankheiten, darunter Erkältungen, Grippe, ansteckende Magen-Darm-Infektionen und nicht zuletzt COVID-19, drastisch reduzieren.

Händehygiene gegen Spitalsinfektions-Pandemie

Auch jenseits der aktuellen Pandemie ist Händehygiene ein Schlüssel zur Infektionsprophylaxe – insbesondere auch, was die im „Gesundheitssystem erworbenen Infektionen” (hospital acquired infections, HAI) betrifft, die im stationären Bereich und insbesondere auch in der Intensivmedizin ein großes Thema sind. Schon vor der COVID-19-Pandemie seien „HAI an und für sich eine Pandemie“ gewesen, schreiben der Genfer Infektionsspezialist Didier Pittet und Co-Autoren in einer aktuellen Publikation.

HAI würden sich allein in Europa laut der EU-Agentur European Center for Disease Prevention and Control (ECDC) in Spitälern auf 8,9 Millionen Fälle jährlich summieren. Dazu käme nun das erhöhte Risiko, dass im Krankenhaus Gesundheitspersonal oder aus anderen Gründen hospitalisierte Patientinnen und Patienten mit dem neuen Corona-Virus infiziert werden, so die Genfer Experten. Umso zentraler seien neben anderen Vorsichtsmaßnahmen Investitionen in eine verstärkte Händehygiene.

Auf Intensivstationen

Auch jenseits von COVID-19 sind Patientinnen und Patienten auf Intensivstationen einem besonders hohen Risiko ausgesetzt, sie haben ein fünf- bis zehnfach erhöhtes Risiko für eine im Spital erworbene Infektion. Und gerade dort gebe es durchaus noch Aufholbedarf, zeigte eine Metaanalyse von insgesamt 66 Studien: Die Compliance bezüglich empfohlener Händehygiene lag im Durchschnitt nur bei 59,6 Prozent, wobei sich große Unterschiede zwischen Ländern mit hohem Einkommen (64,5 Prozent) und Niedrigeinkommens-Ländern (9,1 Prozent) zeigten. „Damit können wir uns keinesfalls zufriedengeben.

Die richtige Händehygiene vor und nach jedem direkten Patientenkontakt sei demnach die wichtigste Maßnahme, die das Krankenhauspersonal ergreifen könne, um die Übertragung gefährlicher Erreger von einem Patienten auf den anderen – oder auf sich selbst – zu vermeiden“, betont Markstaller. „Daher müssen wir auch alles in unserer Macht Stehende tun, um das möglichst lückenlos umzusetzen.“

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