Als das letzte Mal die Zeit stillstand, ist Mama von dieser Welt gegangen. Ein Fall ins Nichts: Zeit und Raum – Dimensionen, die plötzlich keinen Halt mehr boten. Bis heute habe ich Eure, Deine Telefonnummer unter „Eltern“ eingespeichert. Ein Stück Erinnerung, eine Prise Verdrängung. Ja, sie fehlt sehr. Dir ganz besonders. Du lebst jetzt allein, hältst beinahe täglich Zwiegespräche mit Deiner Frau. Liebevolle Botschaften von hier nach dort, keine Spur von sozialer Distanz.
Jetzt steht die Zeit wieder still. Du bist da, Gott sei Dank, aber wir sind Dir nicht nah.
Du fehlst – Deinen Kindern, Schwiegerkindern, Enkeln, der Urenkelin. Gerade jetzt, als runde Geburtstage zu feiern waren. Und heute das geliebte Osterfest: Es sind die Epizentren familiären Zusammenhalts, Feste gemeinsam zu feiern, einander zu vergewissern, auf das Leben anzustoßen. Seit Jahrzehnten der Kitt, der uns über Tausende Kilometer Verstreute aneinanderbindet. Doch diesmal fehlt den Abgetrennten
der soziale Klebstoff, Corona trennt, was zusammengehört, Du bist allein.
Dieses Virus erzwingt soziale Fliehkräfte, eine der Nebenwirkungen dieses Ungeheuers. Aber wir bilden Abwehrkräfte, halten Kontakt, Distanz wahrend natürlich. Dein Smartphone muss Umarmungen, Tätscheln, Küsse ersetzen – virtuelle Liebkosungen als zweitklassige Ersatzdroge. „Frohe Ostern“ aus sicherer Entfernung.
Du zweifelst am Jetzt. Vermisst Dein altes Leben. In fünf Tagen wirst Du 88. Wir werden Dich hochleben lassen. Mit Distanz.
Aber auch diese dissonante Zeit hat ihr Ablaufdatum. Wir werden dann gemeinsam diese Pausetaste der Innigkeit lösen, das Leben endlich wieder auf „Play“ stellen.
Versprochen: Wir holen uns das Leben zurück. Du wirst wieder Deinen Platz inmitten deiner Lieben einnehmen. In deren Herzen bist du sowieso. Aber dann auch an Deinem angestammten Platz am Familientisch. Und Du übernimmst wieder den Vorsitz – wer denn sonst?
Dein Uwe