Wie gefährdet sind Personen, die sich bei Veranstaltungen wie dem Villacher Faschingsumzug im Gewühl mit vielen Menschen – auch aus Italien – befinden?
Klaus Vander: Abgesehen von allen Risiken die Großveranstaltungen mit sich bringen – ich sag nur Husten, Schnupfen, Infektionserkrankungen per se – ist in Villach in Bezug auf das Coronavirus daraus kein über das Maß hinausgehendes Risiko abzuleiten.
Wie wird das Virus übertragen?
Klaus Vander: Nach dem aktuellen Wissensstand wird das Virus auf zwei Arten übertragen. Durch direkte Tröpfchenübertragung beim Reden, Niesen, Singen, Sprechen auf einer Distanz von eineinhalb bis zwei Metern. Auf der anderen Seite über den Kontakt über die Hände mit den Schleim- und Bindehäuten an Augen, Nase und Mund, die so genannte Schmierinfektion. Wenn ich auf eine kontaminierte Türklinke greife und mir direkt ins Gesicht fahre, ist das eine Eintrittspforte für Viren.
Ich bin 86 Jahre alt und falls das Virus bei uns schlimmer wird, kann ich mich auch durch das Tragen von Handschuhen schützen?
Klaus Vander: Ich lege Ihnen lieber ans Herz, dass sie häufig und regelmäßig die Hände mit Wasser und Seife waschen. Das ist gleich effizient, denn die Handschuhe müssten sie regelmäßig desinfizieren und waschen. Bitte mit den Händen nicht ins Gesicht fahren, Handschuhe sind aus meiner Sicht nicht notwendig.
Soll man Schutzmasken tragen? Man bekommt ja auch keine mehr.
Klaus Vander: Derzeit gibt es keinen Grund, in unserer Gegend Schutzmasken zu tragen. Es sei denn, sie merken Anzeichen eines Atemweginfekts und setzen einen Mund-Nasenschutz auf, damit von ihnen keine weitere Infektionsgefahr für andere ausgehen kann.
Ich habe nächste Woche einen Thermenaufenthalt in Bad Waltersdorf gebucht. Kann ich noch dort hinfahren?
Klaus Vander: Derzeit kann ich Ihnen nur zusprechen, dass sie diesen Termin wahrnehmen. Es gibt keine Gründe und Fakten, die dagegen sprechen.
Es geht um die Ansteckungsgefahr im Flugzeug. Wir haben einen Flug auf die Kanaren gebucht. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit beim Rückflug, dass über die Klimaanlage eine Infektion eintreten kann?
Klaus Vander: Tröpfchen können prinzipiell nicht über die Klimaanlage transportiert werden. Obwohl in einem Flugzeug natürlich ein starker Umluftbetrieb herrscht, ist die Verbreitung über die Klimaanlage sehr unwahrscheinlich. Nichtsdestotrotz sitzen wir in einem Flieger sehr eng beieinander mit einer geringen Luftwechselzahl. Wenn also einer in einem engen Raum mit vielen Leuten hustet und niest, ist das Übertragungsrisiko höher. Das gilt aber nicht nur für das Coronavirus, sondern auch für die Influenza und alle anderen viral-bakteriellen Infekte.
Sind Asthmatiker besonders gefährdet?
Klaus Vander: Jede chronische Atemwegserkrankung ist ein Risikofaktor für eine Infektion der Atemwege, unabhängig davon, ob Influenza, Coronaviren & Co. In der Jugend ist das Risiko natürlich geringer, weil man eine bessere zelluläre und humorale Immunität hat – ab dem 55. Lebensjahr plus/minus abhängig vom Lebensstil und der genetischen Prädisposition beginnt diese abzusinken.
Wenn man das Coronavirus hat, wie lang dauert diese Krankheit? Gibt es dazu schon Erfahrung, wie bei der Grippe?
Klaus Vander: Im Gegensatz zu anderen Viruserkrankungen wie Influenza oder HIV fehlt die Kenntnis mit welchem Verlauf wir einen Höhepunkt der Virusausscheidung erzielen und wann sie wieder signifikant abfällt. Das Coronavirus bleibt nicht wie ein Herpesvirus ein Leben lang im Körper. Man kann annehmen, dass eine Durchdringung in der Bevölkerung stattfinden wird, was letzten Endes dazu führt, dass wir für die nächsten Jahre eine Art Herdenimmunität aufbauen.
Weiß man schon, ob die Infektionsgefahr saisonal, wie bei einer Grippe, abnehmen wird? Oder wird sich das Coronavirus im Sommer genauso wohlfühlen wie im Winter?
Klaus Vander: Die Frage ähnelt einem Blick in die Glaskugel. Es ist davon auszugehen, dass es hier zu einer Saisonalität kommen wird. Natürlich ist es aber so, dass dieses Virus den Erstkontakt zu einer Bevölkerung hat, die noch über gar keine Immunität verfügt. Somit ist im ersten Schub davon auszugehen, dass es uns, wenn es bei uns zu Übertragungen kommt, länger begleiten wird.
Ich habe den Herpes-Simplex-Virus, Bläschen an Lippe und Nase, und eine Bekannte hat mir gesagt, wenn ich das Coronavirus bekommen würde, wäre das für mich der Tod – ist das so?
Klaus Vander: Da kann ich sie beruhigen, Herpes-Simplex, in dem Fall Typ 2, ist eine Erkrankung deren Zielzellen die sensiblen Nervenendungen sind. Das führt zu einer Infektion in diesen Bereichen und stellt für sie keinen besonderen Risikofaktor für eine Coronavirusinfektion dar.
Ein Virus sucht sich immer den schwächsten Wirt, sagt man. Wer ist das in dem Fall?
Klaus Vander: Sie meinen wahrscheinlich Menschen mit hohem Alter und Grunderkrankungen. Der gesunde Mensch hat eine gesunde Immunantwort. Anhand der vorliegenden Daten ist bis zu einem Alter von 65 Jahren nach dem derzeitigen Wissensstand in etwas 85 Prozent der Fälle mit einem asymptomatischen bis milden Krankheitsverlauf zu rechnen.
Warum gibt es keine Selbsttest?
Klaus Vander: Weil es ein neues Virus ist und die Entwicklung eines Testsystems, auch eine gewisse Zeit beansprucht. Es wäre fatal, würden wir Testsysteme zur Verfügung stellen, die keine ausreichende Testsicherheit gewährleisten.
Protokoll: Birgit Pichler