"Egal was man tut, nichts ändert sowohl die Biochemie als auch die Physiologie im Körper stärker, als Fasten das tut." So erklärt der bekannte Altersforscher und Biochemiker Frank Madeo von der Uni Graz, warum das Fasten für ihn jene Erkenntnis darstellt, die sein eigenes Leben am stärksten verändert hat. Seine Aussage ist einer der Beweise dafür, dass der Prozess des gezielten Fastens in der Wissenschaft und der Medizin angekommen ist.
Dass ein Tag Frühstück, Vormittagsjause, Mittagessen, Abendessen und Betthupferl beinhaltet, sei eine relativ junge Entwicklung – Essen ist heute so verfügbar wie nie. „Deshalb“, so Pieber, „hat die Evolution uns auch mit mindestens hundertzwanzig Mechanismen ausgestattet, die uns vor dem Verhungern schützen, aber nur mit zwei oder dreien, die uns vor dem Zu-dick-Werden schützen.“
Intervallfasten fällt leichter
Das haben wohl schon die meisten Menschen, die mit Übergewicht kämpfen, bitter erfahren müssen. Dem Diätwahn halten Fastenforscher wie Pieber daher das Konzept des Intervallfastens entgegen: „Wir wissen, dass Kalorienreduktion als Maßnahme gegen Übergewicht funktioniert. Aber: Es fällt vielen Menschen in unserer Überflussgesellschaft sehr schwer, sich beim Essen einzuschränken. Intervallfasten hingegen scheint ein Weg zu sein, der Menschen leichter fällt“, sagt Pieber.
"Dramatische Verbesserungen"
Untermauern lässt sich das mit der ersten Studie zum Intervallfasten, die in Graz durchgeführt wurde. Das Ergebnis: Die Studienteilnehmer, die an einem Tag aßen und am nächsten fasteten, konnten ihr Körpergewicht innerhalb von vier Wochen im Schnitt um rund 3,5 Kilogramm reduzieren. Dazu kommen aber auch die positiven gesundheitlichen Effekte, die beobachtet wurden: Fasten konnte den Blutdruck ebenso senken wie die Herzfrequenz, den Cholesterinspiegel und die Entzündung in den Gefäßen. „Wir haben außerdem dramatische Verbesserungen beim Zuckerstoffwechsel gesehen“, sagt Pieber.
Reinigungseffekt in der Zelle
Was ist nun der große Unterschied zwischen einer Diät und Fasten? Thomas Pieber erklärt: „Wenn wir eine gewisse Anzahl von Stunden keine Kalorien zu uns nehmen, werden in unserem Zellstoffwechsel regenerative Prozesse ausgelöst, die einen Reinigungseffekt in der Zelle zur Folge haben. Die Zelle tut Folgendes: Sie recycelt und verbrennt die Müllsäcke, die sich in ihr angesammelt haben. Das ist ein Vorgang, der für die Zellatmung und die Regeneration extrem wichtig ist.“ Autophagie nennt sich dieser Prozess des Aufräumens: Im Jahr 2016 gab es für die Forschung zu diesem Thema sogar den Medizin-Nobelpreis für den japanische Zellbiologen Yoshinori Ohsumi. Ob Fasten, wie in Modellorganismen wie Fliegen und Würmern beobachtet, auch beim Menschen das Leben verlängern kann, ist noch nicht eindeutig bewiesen – Hinweise darauf gibt es jedoch. Wie lassen sich Fasten und seine positiven Effekte nun ins Leben integrieren? „Wenn man eine Mahlzeit am Rande der Nacht weglässt, dann kommt man auf 15, 16 Stunden Nahrungspause“, sagt Madeo. „Das könnte schon ausreichend sein, um in einigen Organen die Autophagie auszulösen.“