Zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 werden zahlreiche Medikamente - unter anderem auch Insulin - eingesetzt, ohne dass auf die Adaptierung des Lebensstils ausreichend geachtet wird. Diese sei aber unverzichtbar, wie eine Studie an der MedUni Wien/AKH nun ergab. Forscher hatten dafür 930 Patienten eines Diabetes-Reha-Zentrums untersucht.
Österreichweit leiden rund 600.000 Menschen an Diabetes mellitus Typ 2. Die Forscher untersuchten für ihre Studien 930 Patienten eines Diabetes-Rehabilitationszentrums bei deren Aufnahme und unmittelbar vor ihrer Entlassung. Während ihres dreiwöchigen Aufenthalts im Reha-Zentrum wurden die Patienten mit der Praxis eines modifizierten Lebensstils, u.a. bestehend aus einer gemüse- und obstreichen Kost mit insgesamt 1200 bis 1600 Kalorien pro Tag sowie einem zusätzlichen Angebot an körperlicher Aktivität - vertraut gemacht bzw. unterrichtet.
Die Änderung der Lebensgewohnheiten habe dazu geführt, dass die Patienten bei ihrer Entlassung, mit Ausnahme von Metformin und DPP4-Hemmern zur Gänze auf die Einnahme zusätzlicher Antidiabetika verzichten konnten, berichteten die Wissenschafter am Mittwoch in einer Aussendung. Ihre Studie wurde vor kurzem im Fachmagazin "Plos One" publiziert. Jene Personen, die Insulin benötigten, konnten ihre tägliche Dosis im Schnitt um 39 Prozent reduzieren.
Diese Befunde würden nahelegen, dass eine Umstellung des Lebensstils der Verschreibung zusätzlicher Antidiabetika vorzuziehen sei und sogar überlegen sein dürfte, erklärte der Studienleiter Werner Waldhäusl, emeritierter Leiter der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel und der Universitätsklinik für Innere Medizin III des AKH/MedUni Wien.
Zudem hatte sich zum Zeitpunkt der Entlassung der Patienten der das Blutzuckerverhalten über rund zwei Monate dokumentierende HbA1c-Wert im Schnitt um sieben Prozent, der Blutdruck um zehn Prozent sowie Body-Mass-Index und Bauchumfang um jeweils drei Prozent verbessert bzw. verringert.
Das seien beachtliche Ergebnisse, die die Effektivität und Sinnhaftigkeit eines standardisierten Aufenthalts von Typ-2-Diabetikern in einer Rehabilitationseinrichtung für Stoffwechselerkrankungen belegen würden. Da Behandlungen in solchen Reha-Zentren in der Regel wesentlich kostengünstiger seien als in Akutspitälern, sehen die Studienautoren beträchtliche Einsparungspotenziale für das Gesundheitswesen.
Parallel dazu fanden die Wissenschafter heraus, dass es - entgegen der weitverbreiteten Annahme - für Menschen mit einer Diabeteserkrankung nicht schwieriger sei, Gewicht zu verlieren als für Menschen ohne eine solche Erkrankung. Negativ fiel der Forschergruppe während ihrer Studien auf, dass die Diabetes-Patienten nur zu einem geringen Teil, nämlich weniger als neun Prozent, gegen Influenza und Pneumokokken geimpft waren.
Gerade für Menschen mit einer chronischen Erkrankung wie Diabetes seien Grippe und Pneumonien jedoch sehr gefährliche, oft tödliche Krankheiten, warnte Waldhäusl. "Eine konsequente Durchimpfung dieser Hochrisikogruppe, wie weltweit in den Leitlinien der entsprechenden Fachgesellschaften empfohlen, wäre dringend angezeigt."