Ich bin überwiegend bei meiner Großmutter in Wien aufgewachsen und hatte eine sehr enge Beziehung zu ihr, sie war für mich Mutter und Vater zugleich. Sie war eine ganz starke Frau – wie meine Mutter, die mehr wie eine Freundin für mich war. Meine Eltern haben sich früh getrennt, meinen Vater habe ich quasi nicht erlebt und er hat mir auch nicht gefehlt. Ich habe ihn nur selten gesehen, weil er dann in London und den USA gelebt hat. Erst als meine Oma gestorben ist, habe ich mich auf die Suche nach meinem Vater begeben. Zu einem Treffen ist es dann zwar nicht mehr gekommen, weil er davor ebenfalls verstorben ist, aber ich bin nach Afrika geflogen und habe meine afrikanische Familie kennengelernt. Durch sie und das Reisen durch Ghana habe ich ein Bild von meinem Vater bekommen.

"Er musste seine Familie zurücklassen"

Ich war also von starken Frauen umgeben, das hat mich sehr geprägt. Meine Oma ist aus dem Sudetenland nach Österreich geflüchtet und war eine sehr gute Schneiderin, sie hat für mich verschiedene Kleidungsstücke in den schönsten Farben und schwierigsten Mustern genäht und gestrickt, die ich immer noch hüte wie meinen Augapfel. Meine 12-jährige Tochter bedient sich seit Kurzem gern an meinem Kleiderschrank und hat dort auch diese Stücke gefunden, das ist natürlich schön für sie und mich.

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"Kokon aus Liebe"

Ich bin in einem Kokon aus Liebe aufgewachsen. Was mir meine Oma und meine Mutter mitgegeben haben: für die eigene Meinung und Werte einzutreten, sich starkzumachen für sich selbst und andere. Als Kind war mir das manchmal ein bisschen unangenehm – sie waren „aufmüpfige“ Frauen, die ihr Recht eingefordert haben. Aber sie haben mir das vorgelebt und letztendlich habe ich es für mich übernommen. Ich selbst trage beide Seiten in mir – ich war als Kind und bin auch heute noch eine Ruhige, Zurückhaltende und schüchtern. Vor der Kamera lebe ich eine andere Seite von mir aus. Meine Mutter war damals sehr überrascht, dass ich beim Fernsehen angefangen habe – sie hätte nie gedacht, dass ich einmal so einen Redefluss entwickeln werde. Ich hab dabei wohl die ersten 20 Jahre meines Lebens nachgeholt. Mir ist meine TV-Karriere mehr oder weniger passiert – als kleines Mädchen wollte ich Theaterschauspielerin wie meine Mutter werden, dann Anwältin. Ich habe dann aber letztendlich Publizistik und Theaterwissenschaften studiert, weil ich das Theater meiner Mutter und meines Stiefvaters in Berlin übernehmen wollte. Gelandet und geblieben bin ich schließlich beim Fernsehen.

"Anders" sein

Arabella Kiesbauer mit Ehemann Florens Eblinger
Arabella Kiesbauer mit Ehemann Florens Eblinger © APA/HANS PUNZ

Als Einzelkind habe ich sehr viel gelesen, in den Sommerferien war ich oft im Haus meiner Mutter und meines Stiefvaters am Land und habe quasi wochenlang nur gelesen. Ich durfte mich an ihrer Bibliothek bedienen und habe mit 13 alles gelesen, was ich gefunden habe. Auch was meinem Alter nicht entsprochen hat, aber es hat mich alles interessiert und das fand ich einfach toll. In Wien bin ich in eine Privatschule gegangen – unter anderem, weil ich aufgrund meiner Hautfarbe „anders“ war und meine Oma und Mutter nicht wollten, dass ich schon als Kind mit Rassismus konfrontiert werde. Diese Schule war multinational und Hautfarbe bzw. Rassismus daher kein Thema. Außerhalb der Schule natürlich schon und ich kann mich erinnern, dass ich überhaupt nicht verstanden habe, warum mich plötzlich jemand aufgrund meiner Hautfarbe beschimpft. Als mich zum ersten Mal ein Kind deswegen diskriminiert hat, war das sehr verstörend. Ich habe meiner Oma davon erzählt, und da gab es ihrer Art entsprechend ein großes Donnerwetter. Sie hat mich sofort eingepackt, ist mit mir zu den Eltern von diesem Kind gefahren und hat eine Entschuldigung gefordert. Sie hat mir damit einmal mehr gezeigt: Man muss den Mund aufmachen und einstehen für sich und für das, woran man glaubt.

Diese Stärke, die ich heute habe, habe ich nur dank ihr. Das möchte ich auch meinen Kindern weitergeben – ich will keine Duckmäuser. Das sind sie auch nicht, weil wir es ihnen entsprechend vorleben. Erziehung ist im Prinzip nichts anderes als vorleben.

Urvertrauen

In erster Linie ist mir bei meinen eigenen Kindern wichtig, dass sie mit viel Liebe aufwachsen. Mein Mann und ich sind sehr eng mit unseren Kindern, wir verbringen viel Zeit mit ihnen und geben ihnen viel Vertrauen mit auf den Weg. Dieses Urvertrauen begleitet dich das ganze Leben lang. Du weißt, dass du auf dich selbst vertrauen kannst, bekommst Selbstwertgefühl, entwickelst Empathie und soziale Kompetenz. Meine Tochter hat wie ich eine große Liebe zu Büchern, sie ist unsere Leseratte. Ihr Vorbild bin nicht ich, sondern Thomas Brezina. Sie möchte unbedingt Schriftstellerin werden. Mein Sohn ist „more outgoing“, mehr der Selbstdarsteller. Welchen Beruf sie wirklich ergreifen werden, ist mir egal – wichtig ist nur, dass sie ihn gern machen, schließlich verbringt man viel Zeit damit. Egal, ob als Schauspielerin, Autorin, Handwerker oder Hausfrau.