Als sich unser Leser vor Kurzem für eine Mietwohnung interessierte, stellte er fest, dass sein potenzieller Vermieter, der als Prokurist bei einer Bank arbeitet, ebendort Einblick in die Finanzlage unseres Lesers nahm. "Weil ich ungerechtfertigt noch einen Schuldeneintrag bei einer Wirtschaftsauskunftei hatte, wollte er mir die Wohnung zuerst gar nicht geben!" empört sich der Mann. Als sich dann herausgestellt habe, dass der Eintrag tatsächlich zu löschen ist, habe ihm der Vermieter nur gesagt, er sollte doch froh sein, dass der Fehler nun behoben ist. "Darf er das überhaupt - einfach nachsehen?" fragt sich unser Leser nun. "Hat ein Vermieter automatisch solche Rechte?"
Wir haben den Grazer Rechtsanwalt Stefan Schoeller um seine Rechtsmeinung gebeten. Er sagt: "Der OGH vertritt in ständiger Rechtsprechung, dass es zwar keine allgemeine Rechtspflicht
gibt, den Vertragspartner über alle Umstände aufzuklären, die für die rechtsgeschäftliche Willensbildung von Bedeutung sein könnten. Die vorvertragliche Aufklärungspflicht erstreckt sich jedoch auf Umstände, über die der Vertragspartner nach den durch die Verkehrsanschauung geprägten Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs eine Aufklärung erwarten kann. Insofern kann es auch wesentlich sein, inwieweit der Vertragspartner zum Ausdruck bringt, dass für ihn bestimmte Punkte von besonderer Bedeutung sind."
Vor dem Hintergrund dieser Rechtssprechung sei es zulässig, dass sich ein Vermieter gegenüber einem potenziellen Mieter über dessen finanzielle Leistungsfähigkeit erkundigt, da es sich dabei um eine Eigenschaft des Mieters handelt, die wesentlichen Einfluss auf seine Willensbildung zum Abschluss des Mietvertrages hat. Der potenzielle Mieter sei in einem solchen Fall zur wahrheitsgemäßen Beantwortung einer darauf abzielenden Frage verpflichtet, und zwar unabhängig davon, ob es sich beim Mieter um eine Privatperson oder einen Unternehmer handelt.
Im Gegensatz dazu müsste beispielsweise eine Frage nach der Nationalität oder der sexuellen Orientierung nicht (wahrheitsgemäß) beantwortet werden.
Ein Vermieter ist grundsätzlich dazu berechtigt, Informationen zur Bonität eines potenziellen Mieters bei dafür vorgesehenen Stellen einzuholen. "Ein Beispiel für solche Stellen sind sogenannte Kreditauskunfteien im Sinne des Paragrafen 152 Gewerbeordnung 1994," sagt Schoeller. Es sei je nach Sachverhaltskonstellation denkbar, dass ein Vermieter beim Einholen von Informationen über den potenziellen Mieter Befugnisse überschreitet, weil er unberechtigterweise eine bestimmte Informationsquelle nutzt und sich dadurch dem Risiko einer entsprechenden Sanktion aussetzt. Dieser Umstand habe jedoch auf die Möglichkeit des Vermieters keinen Einfluss, den Vertragsabschluss mit dem potenziellen Mieter nach Bekanntwerden seiner schlechten finanziellen Leistungsfähigkeit abzulehnen.
Und wenn die Daten falsch sind?
Davon unabhängig ist jedoch die Frage zu sehen, ob die (personenbezogenen) Daten, die ein Vermieter zur Leistungsfähigkeit eines potenziellen Mieters von dritter Seite (einem Verantwortlichen nach Art 4 Z 7 Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO) erhält, inhaltlich richtig sind. Werden falsche oder nicht mehr aktuelle Daten verarbeitet bzw. beauskunftet, hat der betroffene potenzielle Mieter die Möglichkeit, gegen den Verantwortlichen datenschutzrechtlich vorzugehen und sogar – bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – Schadenersatz zu begehren.