Es kann so schnell gehen: Der Zweijährige hört aufgeregte Stimmen vor dem Fenster und will natürlich genauer Bescheid wissen. Also schiebt der Kleine den Sessel ein Stück näher zum Fenster, steigt hinauf und tatsächlich gelingt ihm das, was seine Eltern ihm niemals zugetraut hätten: Er öffnet das Fenster und kippt um ein Haar vornüber in die tödliche Tiefe.
Jährlich sterben zwei bis drei Kinder in Österreich durch Stürze aus geöffneten bzw. nicht gesicherten Fenstern oder von Balkonen.
Um dem entgegenzuwirken, haben Holger Till und Peter Spitzer vom Forschungszentrum für Kinderunfälle des Vereins "Große schützen Kleine" 157 Stürze aus der Höhe analysiert und daraus Präventionsmaßnahmen abgeleitet.
„Fenster üben für Kinder eine große Faszination aus. Sind sie geöffnet, ist der Drang die Welt da draußen zu entdecken groß", sagt Till. Hinzu kommt, dass bei Kleinkindern der Kopf im Verhältnis zum restlichen Körper doppelt so groß und schwer wie bei einem Erwachsenen. Es besteht also die große Gefahr, dass das Kind über alles, das niedriger als auf Nabelhöhe ist, leicht vornüberkippen kann.
„Das „typische Kind“, das aus dem Fenster stürzt, ist laut langjähriger Betrachtung unter fünf Jahre alt (75 Prozent) und männlich (65 Prozent), weiß Spitzer. Allein im zweiten und dritten Lebensjahr geschieht jeder zweite Fenstersturz. Rund jeder sechste Fenstersturz endet tödlich.
Entscheidend sind natürlich hauptsächlich die Fallhöhe und die Beschaffenheit der Aufprallstelle. Der Fenstersturz kommt vor allem bei Mehrparteienhäusern vor. Ab dem dritten Stock steigt die Todesrate signifikant an, ab dem vierten Stock ziehen sich 80 Prozent der Kinder tödliche Verletzungen zu.
Fensterstürze und Stürze aus der Höhe passieren das ganze Jahr hindurch, dennoch lässt sich ein Höhepunkt in den Monaten Mai bis September ausfindig machen.
Im Gegensatz zum Fenstersturz, der vorwiegend bei Kleinkindern passiert, betreffen andere Stürze aus der Höhe vor allem ältere Kinder und Jugendliche: Dies beim Erklettern des Balkongeländers und beim Durchbrechen von Lichtkuppeln, wenn Fabriksdächer erklettert und dann die Tragkraft der Lichtkuppeln unterschätzt wurde.
Eine detaillierte Betrachtung der Altersgruppe und der Unfallart zeigt also deutlich die Hauptunfallursachen auf: das mangelnde Gefahrenbewusstsein bei den Jüngsten und die Risikolust bei den Älteren.