Ich bin in Hartberg aufgewachsen. Es war malerisch, weil es eine kleine, sehr gut organisierte Stadt ist. Keiner hat sich Sorgen gemacht, wenn man alleine in die Schule gegangen ist. Mein Bruder und ich sind mit unseren Eltern, Oma und Opa in einem Haus aufgewachsen. Im Nebenhaus wohnen heute noch meine Tante und mein Onkel. Es ist alles sehr, sehr familiär strukturiert. Ich bin ein großer Familienmensch, ich schätze Familie, es ist etwas, das ich sehr brauche.

Meine Mum ist meine engste Vertraute, obwohl ich meinem Papa wahnsinnig ähnlich bin. Papa und ich, wir verstehen uns oft blind und haben eine ganz spezielle Verbindung. Aber mit meiner Mum kommuniziere ich mehr, das ist wohl auch so ein Mutter-Tochter-Ding. Meine Mum kommt aus einer Pharmazeutenfamilie, hat ihren Beruf aber nur kurz ausgeübt, weil sie bei uns zu Hause war und dann im Betrieb von meinem Papa gearbeitet hat. Mein Papa ist mittlerweile in Pension, er war Anwalt und hatte seine eigene Kanzlei, ebenso wie zuvor sein Vater und seine Schwester. Familie everywhere! Jus meets Pharmazie.

Aber dann gab es wiederum den Kontrast – meine Oma väterlicherseits kommt aus einem Glasereibetrieb. Von ihr kommen auch das Künstlerische und das Handwerk in unserer Familie. Das war bei uns eigentlich immer schon ein Thema. Meine Oma war ein irrsinnig sparsamer Mensch, aber wenn es um Kleidung ging, war es etwas ganz Spezielles, Stoff zu kaufen und sich etwas machen zu lassen. Das wurde bei uns zelebriert und so habe ich schon als Kind gelernt, dass es etwas ganz Spezielles ist, etwas, das man wertschätzen muss.

Dieses Video könnte Sie auch interessieren


Firma und Familie ist eine totale Gratwanderung. Ich bin jetzt auch selbstständig und es dominiert mein Leben. Deshalb kann ich jetzt natürlich besser verstehen, dass damals oft Berufliches auch familiär ein Thema war und auch viel Platz einnahm. Und ich profitiere davon. Das wurde mir vor allem bei meinen ersten Verträgen bewusst, als es um strategische Gedankengänge oder den Umgang mit Problemen im Team ging. Meinen Eltern war es wichtig, dass man etwas aus sich macht. Ich würde sagen, Ausbildung und vor allem auch gegenseitige Wertschätzung lagen ihnen schon immer sehr am Herzen. Aber auch die Liebe zur Tradition. Allein dass der Betrieb über Generationen weitergegeben oder das Haus meiner Großeltern erweitert wurde – das Schätzen des Bestehenden und darauf aufbauen. Sehr wichtig war ihnen aber auch, sich der Konsequenzen eigener Entscheidungen bewusst zu sein, bevor man sie trifft.

"Eltern hatten Grundvertrauen in uns"

© Michele Pauty

Was ich an meinen Eltern sehr schätze, ist, dass sie ein Grundvertrauen in uns hatten. Sie haben uns mit Liebe und Sorgfalt erzogen, aber sie haben uns trotzdem auch sein lassen. Zwar nicht immer – gewisse Sachen muss man sich auch erkämpfen und das finde ich gut. Geht es nicht beim Erwachsenwerden auch darum, sich als Individuum zu entwickeln und seinen Platz in der Familie zu finden? Familie ist ein Verband, der auch auf Kompromissen beruht. Ich denke mir, wenn man einen großen Erfahrungsschatz hat und sich vorstellen kann, dass die Entscheidung, die dein Kind gerade trifft, nicht die allerbeste ist, wüsste ich auch nicht, wie ich mit meinem Kind umgehen würde. Aber das ist menschlich und gehört wahrscheinlich zum Eltern- und Kindsein dazu.

Mein Bruder ist zwei Jahre älter als ich, nämlich fast auf den Tag genau. Als Kinder haben wir uns oft wenig geschenkt, aber wir verstehen uns heute wie damals sehr gut. Wir sind von den Grundprinzipien und Grundwerten her sehr ähnlich gestrickt. Mein Bruder war immer der diplomatischere. Ich hatte eine Zeit, da war ich definitiv weit weg von Diplomatie. Ich glaube, meine Pubertät war für meine Eltern sehr anstrengend. Ich habe viel ausprobiert, was Gewand und Styling betrifft.

Ich hatte zu dieser Zeit auch eine durchaus schwierige Phase, in der meine Eltern totales Grundvertrauen in mich hatten. Mir hat das damals eine unbeschreibliche Kraft gegeben. In dieser Zeit hat sich unsere Familie neu strukturiert. Gewisse Dinge muss man sich erarbeiten – auch als Familie. Wir haben uns diese Gesprächskultur erarbeitet. Wichtig ist, dass man nicht aufhört, zu reden. Und, weil ich dieses Urvertrauen bekommen habe, habe ich auch ein Urvertrauen in das Konstrukt Familie. Ich war sicher ein kleiner „Revoluzzer“ bei uns. Ich habe vielleicht auch manche Sachen angesprochen, die in meinen Augen nicht so fein waren.

"In unserer Familie wird viel kommuniziert"

In unserer Familie wird viel kommuniziert. Wenn ich heimkomme, ist das Erste, was mich mein Papa fragt: „Hey, wie läuft’s? Ist alles gut?“ Ich habe mit meinen Eltern, meinem Mann oder meinem Bruder – je nachdem, in welchem Feld – einen Gegenpart, mit dem ich Dinge einschätzen und besprechen kann. Entscheiden muss ich dann selbst.

Vor allem jetzt ist es auch megafein mit meinen Neffen, mit Trampolin, Schaukel und Remmidemmi. Jetzt kommt sicher die Kinderfrage. Also, 2019 ist definitiv noch ein sehr starkes berufliches Jahr. Und momentan bin ich eben eine sehr glückliche Tante. Ich habe meinen Mann auf einer Hochzeit kennengelernt. Ich stand auf dem Kirchhof bei der Agape und Oliver kam auf mich zu und sagte: „Ich wollte Ihnen nur sagen, Sie schauen bezaubernd aus.“

© Michele Pauty

Er hat mir dann wirklich ein halbes Jahr lang sehr brav den Hof gemacht. Zwei Jahre später haben wir geheiratet. Man weiß ja, was man will, und wenn man dann jemanden findet, wo echt vieles, vieles, vieles passt, dann muss man nicht mehr überlegen. Er ist einfach der beste Partner, den ich mir wünschen könnte. Mein Hochzeitskleid habe ich übrigens selbst designt – wir hatten nicht nur einen Entwurf. Ich habe standesamtlich und kirchlich verschiedene Kleider getragen. Das Kleid für die Kirche war mit 25.000 Steinen bestickt – ich war ein Christbaum. Wir feiern heuer übrigens unseren fünften Hochzeitstag.Oliver hat ja zwei Mal um meine Hand angehalten. Beim zweiten Mal war ich dann auch bereit dafür. Um es offiziell zu machen, ist er zu einem Familienessen gekommen. Dann ist er echt mit dem größten Blumenstrauß im Vorraum gestanden, den ich je gesehen habe, und mein Mann ist immerhin fast zwei Meter groß. Wir lieben unsere gesunde Streitkultur. Zwilling meets Skorpion, wenn man an Horoskope glaubt, wir schenken uns nichts. Aber es ist auch gut so und dadurch kommt die Harmonie, die mir genauso wichtig ist.