Kleinanleger, die noch etwas für ihr Geld bekommen möchten, landen bei ihrer verzweifelten Suche nach renditestarken Investitionsmöglichkeiten nicht selten auf betrügerischen Online-Tradingplattformen. Angeblich versierte Broker, also Börsenmakler, gaukeln ihren Kunden hier vor, für sie mit risikoreichen Finanzprodukten das große Geschäft machen zu können. „Es sind keine Einfaltspinsel, die auf diese Betrüger hereinfallen“, sagt Paul Rusching von der Arbeiterkammer Vorarlberg, der sich intensiv mit dieser Sparte der Cybercrime-Industrie auseinandergesetzt hat. „Die Opfer sind Menschen wie du und ich, Abteilungsleiter von größeren Firmen - alles, querbeet“, lautet sein Befund. Denn der Auftritt der Betrüger ist professionell bis ins kleinste Detail. Und mit der Möglichkeit, schon mit einem Mindestbetrag von etwas mehr als 200 Euro ein paar „Trades“ probieren zu können, ließen sich auch Kleinanleger nur allzu gut ködern. Der finanzielle Ruin ist damit meistens vorprogrammiert.
Warum die Masche zieht
Das musste auch unser Leser erfahren: Zu Jahresbeginn stieß er im Internet auf die „CCFDbank“, die vorgibt, mit sogenannten Differenzkontrakten (CFD) zu handeln, was an sich schon ein Hochrisikogeschäft ist, vor dem Konsumentenschützer dringend warnen. Einfach gesagt, werden dabei Wetten auf Aktienkursentwicklungen abgeschlossen.
Die versprochene Rendite schien unserem Leser anfangs auch viel zu gut, um wahr zu sein. Eine Firmenadresse in der Schweiz, funktionierende Telefonnummern, persönliche Betreuer gleich nach der Online-Registrierung und das Wort „Bank“ ließen seine Skepsis aber sinken. Er begann mit dem Mindestbetrag und stockte langsam auf. Die Investition schien sich zu lohnen. Zwischendurch machte er noch einen Test: „Im März habe ich bei der CCFDbank zur Probe die Überweisung von 5000 Euro beantragt und bekam das Geld prompt auf mein Konto überwiesen. Jetzt dachte ich, es funktioniert alles“, erklärt er, warum er der CCFDbank schließlich rund 300.000 Euro anvertraute.
Plötzlich Millionär
Das Resultat: „Bis Mitte April wurden meine gesamten Einlagen mit 54 positiven Trades auf insgesamt 1,029 Millionen getradet“, erzählt er vom vermeintlichen Geschäft seines Lebens. Als er damals aber die Auszahlung von 300.000 Euro, also seines Einsatzes, beantragte, begann der zweite Akt in diesem Drama: „Zuerst wurde die Auszahlung verzögert, dann wurde mir vorgeschlagen, noch einen allerletzten völlig risikolosen Trade durchzuführen“, erzählt unser Leser. Er ließ sich darauf ein und erlebte ein atemberaubendes Auf und Ab auf seinem Konto. Das Ende war allerdings ein Totalverlust.
Jetzt übernimmt der "Chief" persönlich
Damit begann der dritte Akt des Dramas: Nach dieser Pleite war plötzlich der „Chief Financial Officer“ der CCFDbank persönlich für unseren Leser da: „Ich gehöre zur obersten Instanz des Unternehmens, über mir stehen nur noch drei Leute“, ließ „Herr Dr. Cortes“, wie er sich nannte, unseren Leser wissen und überredete ihn zu einem „Recovery-Programm“ als letzter Chance, wieder zu seinen Einlagen (plus Gewinnen) zu kommen - und zwar mit „absoluter Sicherheit“. Der vermeintliche Rettungsanker hatte freilich auch seinen Preis.
Langer Rede kurzer Sinn: Unser Leser machte im Mai auch noch den letzten Rest seiner finanziellen Mittel locker und überwies 45.000 Euro an die CCFDbank. Mit einem Plus von 354.000 Euro auf seinem Konto bilanzierte er ein paar Tage später auch wirklich positiv. Das Dumme ist nur: „Das Geld wird mir nicht ausbezahlt, bei der CCFDbank antwortet niemand auf meine Schreiben und Anrufe“, sagt unser Leser. Im Nachhinein ist ihm klar: „Die traden gar nicht echt, das ist richtiger Betrug.“ Eine Anzeige bei der Polizei habe er mittlerweile erstattet - „aber was kann ich sonst noch tun?“
Hier lockt die zweite Falle
Paul Rusching warnt an dieser Stelle, noch in eine weitere Falle zu tappen: „Das Perfide ist, dass diese betrügerischen Trading-Plattformen auch einen regen Datenhandel betreiben. Die Adressen von Opfern werden dabei an Verbrecher verkauft, die vorgeben, den Betroffenen dabei helfen zu können, ihr verlorenes Geld zurückzuholen, dafür aber freilich erst einmal eine Anzahlung verlangen.“
Ein Muster und das Notprogramm
Was unserem Leser widerfuhr, entspricht leider einem Muster, das der Konsumentenberater nur allzu gut kennt: „Es gibt Hunderte dieser kriminellen Online-Tradingplattformen.“ „Option888“, „xTraderFX“ und „SafeMarkets“ seien nur ein paar der bekanntesten Beispiele auf diesem Gebiet. Was Opfer auf jeden Fall tun sollten? Beim Verein „Internet Ombudsmann“, einer unabhängigen Streitschlichtungs- und Beratungsstelle rund ums Thema E-Commerce, rät man nicht nur zu einer Strafanzeige bei der Polizei, sondern auch zu einer Meldung bei der Finanzmarktaufsicht, die daraufhin eine öffentliche Warnung ausspricht. Außerdem könnten sich Betroffene an die Meldestelle für Internetkriminalität beim Bundeskriminalamt wenden.
Sollten die Betrüger irgendwann ausfindig gemacht werden, kann sich unser Leser dem Strafverfahren als Opfer anschließen, um Schadenersatzansprüche gegen die Täter geltend zu machen.