"Geht nicht hin. Nicht zu McDonald’s, nicht zu Burger King. Nicht zu den anderen Fast-Food-Riesen. Schon gar nicht mit euren Kindern. Nicht einmal ausnahmsweise.“ Dieser Appell ist unmissverständlich. Und er kommt von jemandem, der wissen muss, wovon er spricht. Harald Sükar war 13 Jahre lang Spitzenmanager bei McDonald’s.
Bereits 2006 stieg er aus. Doch erst in jüngster Zeit begann er, sich tiefer mit Ernährungsfragen zu beschäftigen. Dies mündete schließlich in einem Buch, das dieser Tage erschien. „Die Fast Food Falle“ ist die umfassende Offenlegung eines Systems, das, wie Sükar selbst sagt, „in sich perfekt ist“. Und dennoch so folgenschwer.
Es beginnt bei der Unternehmensphilosophie. „Die hatte auch ich während meiner aktiven Zeit voll verinnerlicht“, meint der Autor. Der Narrativ lautet: „Niemand wird gezwungen, zu McDonald’s zu gehen.“ Insofern sei auch jeder selbst dafür verantwortlich, wenn er von übermäßigem Konsum der Speisen krank werde.
Zuckerbomben
Allerdings: „Unbedenklich sind dort nur Salat und Mineralwasser. Alles andere sind Zuckerbomben“, meint der Autor. Er hebt vor allem die stark zuckerhältigen Getränke hervor oder die Eisbecher, die ihm zufolge zu 60 Prozent aus Zucker bestehen. „Zucker löst im Hirn Glücksgefühle aus. Davon wollen wir mehr. Insbesondere Kinder reagieren sehr schnell darauf. Sie haben im Vergleich zu Erwachsenen aber auch viel weniger Zellen, in denen dieser Zucker mithilfe von Insulin in Form von Fett gespeichert werden kann. Heißt: Kinder haben mit so einer Ernährung ein erhöhtes Risiko, an Diabetes zu erkranken.“ Und weil die Geschmacksempfindungen in den ersten Lebensjahren geprägt werden, lautet sein simpler Rat: „Fast Food mit Kindern meiden.“ Punkt.
Dabei seien es just die Kinder, die diese Ketten als Kunden gewinnen und halten möchten. „Wir hatten die klare Anweisung, Kinder als Kunden wie Erwachsene zu behandeln“, erzählt Sükar. Das gefällt den Kleinen. Mit den Fingern essen und Lärm machen zu dürfen, Spielplatz, Happy Meal, Geburtstagspartys, all das trägt dazu bei, dass Kinder immer wieder kommen wollen.
Kundenbindung, wissenschaftlich
„Die Ketten gehen an Fragen der Kundenbindung sehr wissenschaftlich heran und arbeiten bewusst darauf hin“, meint der Autor.
Auch am anderen Ende des Fast-Food-Spektrums werde bewusst interveniert, sagt Sükar. Stichwort Lobbying. „Wie lange gibt es denn schon die Forderung nach einer Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln?“ Ein Ampelsymbol würde zweifelsfrei und mit einem Blick darlegen, ob ein Nahrungsmittel besonders hohe Zucker-, Salz- oder Fettgehalte aufweist.
Aber: „Die Nahrungsmittelindustrie und besonders die Zuckerindustrie hat an so einer Kennzeichnung natürlich kein Interesse.“ Insofern wüsste man solche Gesetze zu verhindern.
Im Grunde ohne Not, wie Sükar beobachtet: „In Großbritannien hat es der Coca-Cola-Konzern auch binnen vier Monaten nach Einführung der Zuckersteuer geschafft, die meisten seiner Getränke unter die erlaubte Grenze zu bringen.“ Er hätte in der Kennzeichnung ungesunder Lebensmittel noch weitere Ideen: „Es wäre eigentlich kein Problem, Warnhinweise und Schockbilder ähnlich denen auf Zigarettenpackerln anzubringen.“
Nicht zuletzt sei Nahrung auch ein Riesenklimaschutzthema. Sükar: „Allein 2018 wurden 12 Millionen Hektar Regenwald für den Anbau von Soja gerodet, mit dem die Tiere für die Fleischerzeugung gefüttert werden.“ Sükar selbst ernährt sich mittlerweile fleischlos und empfiehlt, dass „jede Schulklasse der Oberstufe einmal einen Schulausflug in den Schlachthof machen sollte“. Und uns allen schreibt er ins Stammbuch: „Wir sollten mehr natürliche Dinge essen und nichts, was in Fabriken hergestellt wird.“
Johanna Wohlfahrt