Mehr als 800.000 Menschen in Österreich pflegen einen Angehörigen zu Hause. In vielen Fällen ist das eine (Vollzeit-)Arbeit, bei der die Absicherung der eigenen Pension auf der Strecke bleibt. Dabei gibt es für pflegende Angehörige seit 2009 die Möglichkeit der freiwilligen, kostenlosen Selbstversicherung, um Pensionsversicherungsansprüche zu erwerben bzw. aufzustocken. „Aber nur in 4,7 Prozent der Fälle, in denen die dafür nötige Pflegegeldstufe des zu Betreuenden vorliegt, wird dieses Angebot in Anspruch genommen“, sagt Alexander Gratzer, der die Abteilung Gesundheit, Pflege und Betreuung bei der Arbeiterkammer Steiermark leitet. Der Grund für den niedrigen Wert? „Das Angebot ist noch immer weitgehend unbekannt.“
Dabei seien die Hürden für eine Inanspruchnahme bewusst gering gehalten worden: Grundbedingung ist eine Pflegegeldstufe zwischen 3 und 7. Und man muss seinen Angehörigen nachweislich mindestens 14 Stunden pro Woche oder 60 Stunden pro Monat pflegen/betreuen. Welche Leistungen damit gemeint sind? „In der Regel gibt es ein Pflegegeldgutachten, das Aufschluss über den nötigen Pflegebedarf gibt“, sagt Gratzer. Putzen, Kochen, die Begleitung zu Arztbesuchen und die Erledigung von Einkäufen sind also durchaus auch gemeint.
Auch neben dem Job
Der große Vorteil der freiwilligen Pflegeversicherung: „Es sind keine Vorversicherungszeiten nötig, sie ist auch neben bestehender Erwerbstätigkeit möglich, und es gibt sie sogar ein Jahr rückwirkend“, betont der Experte. Konkret bezahlt der Bund für Anspruchsberechtigte Pensionsbeiträge in der Höhe eines Monatseinkommens von 1864 Euro brutto. Der Betrag wird mit der bei Berufstätigen bestehenden Beitragsgrundlage addiert – bis hin zu einer Obergrenze von 5220 brutto monatlich.
Ein Rechenbeispiel
Verdient ein pflegender Angehöriger mit einem Drei-Viertel-Job 1125 Euro brutto pro Monat, zahlt der Bund noch Pensionsversicherungsbeiträge für ein Einkommen von 1864 Euro pro Monat dazu. Auf seinem Pensionskonto landet also ein Guthaben, das einem Monatseinkommen von 2989 Euro brutto entspricht.
Diese Versicherungsvariante ist aber nicht nur mit Erwerbstätigkeit, sondern (mit Einschränkungen) auch mit der Inanspruchnahme einer 24-Stunden-Betreuung kombinierbar – etwa in der Zeit, in der man einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Und in Familien, in denen sich mehrere Verwandte die Pflege teilen, können alle von der Versicherung profitieren, wie Gratzer betont: indem zum Beispiel sechs Monate lang der Sohn pflegt (und versichert ist), und dann die Tochter. „Die Pflege muss lediglich in der häuslichen Umgebung stattfinden, wovon in diesen Fällen ohnehin auszugehen ist, und die Pflegenden müssen ihren Wohnsitz im Inland haben“, sagt Gratzer. Der Verwandtschaftsgrad zwischen Pflegendem und Gepflegtem, der Voraussetzung für die Versicherung ist, ist weit gefasst und reicht von Lebenspartnern, Kindern und Schwiegerkindern bis zum vierten Grad der Seitenlinie. Anträge sind übrigens bei der Pensionsversicherungsanstalt zu stellen.