Eines gleich vorweg: „Verpackungen lassen sich ohne Weiteres so konzipieren, dass man das Produkt zur Gänze beziehungsweise bis auf einen vernachlässigbaren Rest aufbrauchen kann“, sagt Birgit Schiller, Kosmetikexpertin des Verein für Konsumenteninformation (VKI). Doppelt ärgerlich findet sie das Ergebnis ihrer Untersuchung von insgesamt 23 Lippenpflegeprodukten, die auf Restmengen getestet wurden. Es wurde also untersucht, wie viel vom Produkt letztlich immer in der Verpackung bleibt, wenn man den Stift bzw. das Gefäß nicht zerstören möchte.
Alle Details zum Test in der April-Ausgabe der Zeitschrift "Konsument"
Von jedem Produkt wurden drei Exemplare gekauft. Im Labor hat Birgit Schiller zur Bestimmung der verwendbaren Menge jeden Stick bis zum Anschlag herausgedreht, an der Kante der Stiftfassung abgeschnitten und gewogen. Je Produkt wurde mit allen drei eingekauften Stiften gleichermaßen verfahren und der Mittelwert der drei Messungen berechnet. Am meisten ärgerte sich unsere Expertin über den "Eight hour cream Lip protection stick" mit Lichtschutzfaktor 15 von Elizabeth Arden. „Knapp 24 Euro mussten wir im Laden für den ,Allwetter-Pflegestift' hinblättern“, erzählt Schiller, der schon beim Auspacken nichts Gutes schwante: „Ich war ziemlich verdutzt, dass der Stift so klein ist. Beim Abwiegen zeigte sich, dass im Vergleich aller Testprodukte auch am wenigsten drinsteckte.“
10 Euro für den Müll
Doch der Hersteller des Eight hour cream Lip protection sticks kassiert nicht nur ordentlich ab, das Produkt hat auch die rote Laterne im Test: Mehr als 45 Prozent des Gesamtgewichtes von 3,7 Gramm können nicht verwendet werden. „Umgerechnet auf den Verkaufswert wirft man mehr als 10 Euro in den Müll, wenn man dieses Produkt ganz normal aufbraucht“, bilanziert Schiller.
Kaum besser, was den nicht nutzbaren Anteil angeht, schnitten die Produkte von Marionnaud (38,47 Prozent Verlust) und Kneipp (34 Prozent Verlust) ab. Alle drei Hersteller, die mit „nicht zufriedenstellend“ bewerteten, wurden dem Testergebnis konfrontiert, um ihnen die Möglichkeit zu einer Stellungnahme zu geben.
Die Reaktion der Hersteller
Kneipp und Marionnaud machten davon bis zum Redaktionsschluss Gebrauch. Seitens Kneipp heißt es dazu:„Es ist Fakt, dass eine Restmenge, der Bulk, im Näpfchen verbleibt. Dies ist Stand heute aus technischen Gründen unvermeidbar. Wir verwenden ein am Markt übliches Standardnäpfchen, welches in großen Mengen bei verschiedensten Lippenstiften eingesetzt wird. Wir nehmen Ihre Bewertung sehr ernst und sind stets daran interessiert unsere Produkte zu verbessern und zu optimieren. Wir werden uns diesem Thema zeitnah widmen und Alternativen prüfen.“
Marionnaud rechtfertigt sich folgendermaßen: „Die gesamte Wachsmenge, die zum Einfüllen des Lippenstiftes verwendet wird, ist in zwei Stücke geteilt: Ein Stück ist sofort für den Verbraucher verfügbar (Bullet) und ein Stück, das am Boden des Mechanismus steht, ist für den Lippenstifthalt notwendig. Trotzdem bleibt ein Teil des Wachses im Boden und ist mit einer Lippenbürste erreichbar, sodass es für den Verbraucher nicht als völlig verloren betrachtet werden kann.“
Sehr gut
Gemessen an den „Restmengen“ vergab der VKI nur zweimal die Note „Sehr gut“ und einmal „Gut“: Darunter fallen der „Lippenbalsam Süße Minze“ von Eos (1,68 Prozent Verlust), der „Lippenpflegesrift Lipnature“ von Martin Reformstark (8,80 Prozent Verlust) und der „Coconut Water & Aloe Vera“ von Labellino (3,55 Prozent Verlust), wobei bei Letzterem zu beanstanden ist: Er enthält (anders als die beiden anderen Produkte) Mineralöl. Insgesamt reichen die in VKI-Test ermittelten Verluste von knapp 2 Prozent bis zu den erwähnten 45 Prozent. Bei 20 der 23 Produkte liegt die Verlustmenge bei über 10 Prozent.