1. Schlafwandeln ist ein schwer fassbarer Zustand: Was passiert dabei genau?
„Unter Schlafwandeln verstehen wir das Aufstehen und nicht-zielstrebige Herumgehen im Schlaf“, sagt Josefine Laussegger, Spezialistin für kindliche Schlafprobleme am LKH Villach. Selten, aber doch können Schlafwandelnde dabei auch komplexe Aufgaben durchführen, wie eine Tür aufsperren oder das Fenster öffnen. „Schlafwandeln ist eine Parasomnie“, erklärt Werner Sauseng, Kinder- und Jugendfacharzt und Schlafmediziner - darunter versteht man Verhaltensauffälligkeiten, die im Schlaf oder am Übergang zwischen Schlaf und Wachzustand auftreten. Auch Albträume oder Zähneknirschen zählen zu den Parasomnien. Zum Schlafwandeln kommt es aus dem Tiefschlaf heraus: Daher schlafwandeln Betroffene vor allem in der ersten Nachthälfte, wenn es die meisten Tiefschlafphasen gibt.
2. Wer schlafwandelt am häufigsten?
„Am häufigsten tritt Schlafwandeln zwischen dem 6. und 10. Lebensjahr auf“, sagt Laussegger. Man wisse heute, dass Schlafwandeln in Familien gehäuft vorkomme: Waren beide Eltern Schlafwandler, wandern zwei Drittel der Kinder ebenfalls im Schlaf umher. „Es gibt also eine Veranlagung dafür, die vererbt wird“, sagt Sauseng. Aber: Auch andere Faktoren können dazu führen, dass Kinder in der Nacht umhergeistern. Dazu zählt zum Beispiel Stress, der durch einen Schulwechsel oder ein neues Geschwisterchen ausgelöst werden kann. „Auch zu viel Zeit vor den Bildschirmen von Handys oder Videospielen kann ein Auslöser sein“, sagt Laussegger.
3. Was sollen Eltern tun, wenn ihr Kind schlafwandelt?
Zunächst unterstreichen beide Experten: „In den allermeisten Fällen ist Schlafwandeln ein Phänomen, das für eine gewisse Zeit auftritt und dann von selbst wieder verschwindet.“ Sie versuchen, Eltern, die Hilfe suchen, daher zunächst immer zu beruhigen und ihnen den richtigen Umgang mit ihren schlafwandelnden Kindern näherzubringen. Wichtig sei zum Beispiel, dass man das Kind nicht aufweckt, denn dann sind Betroffene desorientiert und können auch aggressiv reagieren. Besser sei daher: Das Kind an der Hand nehmen und es liebevoll und zärtlich wieder ins Bett zu begleiten. Es könne auch vorkommen, dass Kinder nach einigen Minuten des Schlafwandelns selbst wieder den Weg ins Bett finden und weiterschlafen. „Kinder können sich an das nächtliche Schlafwandeln nicht erinnern“, sagt Sauseng.
4. Kann Schlafwandeln gefährlich werden?
Auch wenn hinter dem Phänomen an sich meist keine gefährlichen Ursachen stecken, kann es beim Schlafwandeln zu Gefahrensituationen kommen: „In seltenen Fällen ist es möglich, dass Unfälle geschehen“, sagt Laussegger. Kinder könnten aus offenen Fenstern oder über Stiegen stürzen, auch ist es möglich, dass sie Türen öffnen und das Haus verlassen. „Das Wichtigste ist daher, Unfällen vorzubeugen“, unterstreichen die Experten. Das bedeutet: Schlafwandelt das Kind, sollten die Fenster geschlossen und versperrt sein, Stiegen abgesichert und Haustüren abgesperrt und der Schlüssel abgezogen werden. „Solche Unfälle kommen zum Glück aber sehr selten vor“, sagt Experte Sauseng.
5. Wie sollte Schlafwandeln behandelt werden?
„Es braucht keine Medikamente“, stellen die Experten gleich klar. Das Wichtigste im Umgang mit schlafwandelnden Kindern sei, Unfälle zu verhindern und Gefahrenzonen zu entschärfen. Ebenso wichtig: die Schlafhygiene unter die Lupe nehmen. „Kinder brauchen vor dem Schlafengehen eine Phase, in der sie zur Ruhe kommen können“, sagt Laussegger. Das bedeutet: keine Bildschirme (Handys, Tablets, Fernseher) vor dem Schlafengehen, keine aufregenden Filme sehen oder Videospiele spielen. Ein Schlafritual, das jeden Abend gleich abläuft, könnte Kindern ebenfalls helfen, zur Ruhe zu kommen. „Der erste Ansprechpartner sollte der Kinderarzt sein“, sagt Sauseng - dieser könne Eltern dabei helfen, mit der Situation richtig umzugehen.