Unser Leser organisierte für seinen Kulturverein ein Konzert eines italienischen Liedermachers, der seinem Publikum (180 zahlende Gäste) dabei ausschließlich eigene Werke zu Gehör brachte. Der Musiker wurde vereinbarungsgemäß entlohnt, die Karten wurden korrekt abgerechnet. Umso erstaunter war unser Leser, als ihm zwei Monate nach dem Musikgenuss eine Zahlungsaufforderung der AKM ins Haus flatterte, mit der für genau dieses Konzert rund 1300 Euro Musikschutz verlangt wurden. „Nach unserem Hinweis, dass keinerlei Zuständigkeit der AKM gegeben sei, da der Autor ja selbst nur Eigenkompositionen spielte, verlangte man von uns eine genaue Kartenabrechnung. Daraufhin wurde unser neuer AKM-Beitrag mit 375 Euro festgelegt. Das kann doch nur ein Irrtum sein?“, meint der Leser, der allerdings auch weiß, dass besagter Sänger Mitglied bei der SIAE, dem italienischen Pendant zur AKM, ist.
Wir haben dazu den Grazer Rechtsanwalt und Spezialisten für Urheberrecht, Stefan Schoeller, befragt. Er sagt zum Fall: „Grundsätzlich gibt es bei Tantiemen einerseits die Ansprüche des ausübenden Künstlers, in diesem Fall des Sängers, andererseits sind da die Ansprüche des Urhebers beziehungsweise Komponisten des aufgeführten Werkes.“ Der Sänger, der sein eigenes Werk darbietet, kann, so der Jurist, auf sein Aufführungsentgelt zur Gänze verzichten. Dem Urheber, der mit seinen Werken zur Wahrnehmung seiner Verwertungsrechte einer Verwertungsgesellschaft (wie der AKM) beigetreten ist, sei das nicht möglich. Soll heißen: Jemand, der für seine Werke bei der AKM einen Wahrnehmungsvertrag unterschreibt, macht dies pauschal und kann dann nicht im Einzelfall (bei einem Konzert) sagen, dass er auch als Urheber auf seine Tantiemen verzichtet.
Die italienische Situation
Das oben Ausgeführte gilt auch für einen italienischen Urheber, der etwa als Komponist mit seinen dann in Österreich dargebotenen Werken in Italien der SIAE beigetreten ist. „Er hat dort einen meiner Erfahrung nach weitgehend identen Wahrnehmungsvertrag wie ein österreichischer Künstler mit der AKM abgeschlossen, sodass er auch hier seine Verwertungsrechte – freiwillig und aufgrund eines Vertragsabschlusses – zur Wahrnehmung an die italienische Verwertungsgesellschaft übertragen hat“, betont Schoeller.
Internationale Kooperation
International betrachtet haben diese Verwertungsgesellschaften sogenannte Gegenseitigkeitsverträge miteinander, sodass jede nationale Verwertungsgesellschaft das gesamte Weltrepertoire aller angemeldeten ausländischen Künstler wahrnimmt. Schoeller: „Dies bedeutet in unserem Fall, dass die AKM die Rechte des Komponisten, der der SIAE beigetreten ist, in Österreich wahrnimmt. Vereinfacht gesagt wird dann jährlich abgerechnet und die Überschüsse in den einzelnen Ländern werden saldiert, sodass alle Künstler national auch zu ihren Tantiemen kommen.“ Wenn sich also ein italienischer Komponist entschlossen hat, der italienischen SIAE beizutreten, so hebt die AKM richtigerweise Tantiemen für diesen Urheber ein, unabhängig von diversen Einzelvereinbarungen des Sängers (der zufällig gleichzeitig Urheber ist) mit dem Veranstalter.
Freie Werknutzung?
Diese Möglichkeit gibt es tatsächlich bei der öffentlichen Aufführung eines erschienenen Werkes der Tonkunst. Damit sollen erwünschte Einschränkungen des Urheberrechts gesetzlich erlaubt werden. „Relevant ist im vorliegenden Fall zum Beispiel Paragraf 53, Absatz 1 des Urheberrechtsgesetzes, wonach dann die öffentliche Aufführung ohne Zustimmung des Urhebers möglich ist, wenn die Zuhörer weder ein Eintrittsgeld noch sonst ein Entgelt entrichten und die Aufführung keinerlei Erwerbszwecken dient oder wenn ihr Ertrag ausschließlich für wohltätige Zwecke bestimmt ist“, sagt Schoeller. In unserem Fall wurde von den Konzertbesuchern aber ein Entgelt verlangt. „Die Wohltat für den Veranstalter, hier keine Tantiemen zahlen zu müssen, weil er sich auf die ,freie Werknutzung‘ berufen kann, greift also nach meiner Einschätzung nicht.“