Das Alpenedelweiß wird seit Jahrhunderten in der traditionellen Volksmedizin verwendet. "Extrakte aus verschiedenen Pflanzenteilen wurden zur Behandlung von Bauchschmerzen, Erkrankungen des Respirationstraktes, Herzkrankheiten, vor allem aber gegen Ruhr und Durchfall eingesetzt", betont Hermann Stuppner, Präsident der Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPPA), Institut für Pharmazie/Pharmakognosie, Universität Innsbruck.
Insgesamt konnten bisher mehr als 60 Inhaltsstoffe aus den oberirdischen Anteilen bzw. den Wurzeln von Edelweiß isoliert und strukturell charakterisiert werden. Diese sind großteils den drei Substanzklassen Flavonoide, Kaffeesäurederivate und Terpene zuzuordnen.
Extrakte und Einzelsubstanzen aus Edelweiß weisen ein breites Spektrum an pharmakologischen Aktivitäten auf das Herz-Kreislauf- und Nervensystem auf. Darüber hinaus konnten entzündungshemmende, antimikrobielle, antioxidative und chemoprotektive Wirkungen nachgewiesen werden. Für die antioxidative und chemoprotektive Aktivität der Pflanze verantwortlich ist in erste Linie die Edelweißsäure, die in den weißen Hochblättern ("Brakteen") in sehr großen Mengen (bis zu 10 Prozent) vorkommt.
Spritze gegen Herzinfarkt
"Zwei Verbindungen aus den Wurzeln des Edelweiß, Leoligin und 5-Methoxyleoligin, werden im Moment als sehr effektive und mächtige Wirkstoffe gehandelt", ergänzt David Bernhard, Zentrum für medizinische Forschung der Medizinischen Fakultät, Johannes-Kepler-Universität Linz. Der Wirkstoff Leoligin soll die Gefäße vor Verkalkung (Arteriosklerose) schützen, Cholesterin senken und das Anschwellen des Blutzuckerspiegels nach Mahlzeiten reduzieren. 5-Methoxyleoligin wird derzeit auf seine Eignung als Inhaltstoff einer "Spritze gegen Herzinfarkt" getestet. Diese Substanzen können in der Zwischenzeit auch synthetisch hergestellt werden, so dass sie in großen Mengen zur Verfügung stehen.
Die Forschung über Edelweiß hat in jüngster Zeit große Fortschritte erzielt und ist in den Laboratorien noch nicht zu Ende. "So konnten z.B. aus biotechnologisch hergestellten Edelweiß-Kulturen neue makrozyklische Substanzen mit starker antibiotischer Aktivität isoliert werden", berichtet Brigitte Kopp, Vizepräsidentin der HMPPA, Department für Pharmakognosie, Universität Wien.