Fragt man in österreichischen Notariaten nach den Veränderungen, die im Vorjahr die größte Bedeutung für den Durchschnittsbürger hatten, kommt man schnell auf die OGH-Entscheidung zur Formvorschrift bei fremdhändigen Testamenten zu sprechen. Ein im Verlass angefochtenes fremdhändiges Testament, das aus drei losen Seiten bestand, die nur mit einer Büroklammer zusammengeheftet waren, wurde für nichtig erklärt. Die Ratio daraus erklärt Walter Pisk, der gemeinsam mit seinem Partner Peter Wenger ein Notariat in Graz führt, folgendermaßen: „Bei der professionellen Errichtung eines Testaments beim Notar oder Anwalt werden mehr als zweiseitige Testamente immer auf Bögen ausgedruckt, fremdhändige Testamente mit mehr als 4 Seiten werden jedenfalls vor dem Unterfertigungstermin genäht, und dies wird in der Schlussklausel vom Testator auch ausdrücklich bestätigt.“

Vorsorgevollmacht

Am 1. Juli 2018 trat zwar das neue Erwachsenenschutzgesetz in Kraft, das die rechtliche Vertretung von Personen, die in ihrer Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigt sind, grundsätzlich neu regelt. „Unsere klare Empfehlung lautet aber mehr denn je, rechtzeitig eine Vorsorgevollmacht abzuschließen, mit der Sie selbst im Vorhinein festlegen, welche Person Ihres Vertrauens in Ihrem Namen handeln und Entscheidungen treffen darf, wenn Sie eines Tages nicht mehr selbst dazu in der Lage sind“, sind sich Pisk und Wenger einig. In der Praxis sei die Nachfrage nach Vorsorgevollmachten seit dem Vorjahr auch stark gestiegen.

Beglaubigungen

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Als Folge eines Erkenntnisses des Europäischen Gerichtshofes gelten heuer auch neue Richtlinien für notarielle Unterschriftsbeglaubigungen. „Bisher musste der Notar nur die Echtheit der Unterschrift bestätigen, jetzt muss er sich auch vergewissern, dass die Partei den Inhalt der (nicht vom Notar errichteten) Urkunde kennt und ohne Zwang unterschreibt. „Dies ist auch in die neuen Beglaubigungsklauseln aufzunehmen.“

Ehe für alle

„Ab sofort geht alles“, fasst man die Situation im Grazer Notariat Pisk & Wenger zusammen: „Verschiedengeschlechtliche Paare können eine eingetragene Partnerschaft wählen und gleichgeschlechtliche die Ehe.“ Bei der Einführung der eingetragenen Partnerschaft im Jahr 2010 habe es noch etliche Unterschiede zwischen dieser und einer Ehe gegeben. „Inzwischen hat sich die Zahl der Abweichungen aber von 70 auf 30 Prozent reduziert“, betonen die Notare und fassen die wichtigsten Unterschiede zusammen: „Die eingetragene Partnerschaft ist erst mit der Volljährigkeit, also ab Vollendung des 18. Lebensjahres möglich, die Ehe unter bestimmten Voraussetzungen schon mit 16 Jahren. In der Partnerschaft gibt es eine Pflicht zur Treue, eine eingetragene Partnerschaft gilt lediglich als ,Vertrauensbeziehung'. Und die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft ist leichter: Ist die Beziehung zerrüttet, kann schon ein halbes Jahr nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft gemeinsam ein Antrag auf Auflösung gestellt werden, nach drei Jahren auch von einem Partner allein. Bei der Ehe beträgt die Wartezeit in Härtefällen bis zu sechs Jahre.“ Im Erbrecht waren eingetragene Partner und Eheleute schon bisher gleichgestellt. Noch nicht geklärt ist bisher, wie Pisk und Wenger betonen, ob eingetragene Partner einander einfach zusätzlich heiraten können, dann also verpartnert und verheiratet sind. „Der Verfassungsgerichtshof ließ das offen. Der OGH erklärte, das müssten nun die zuständigen Behörden und Gerichte entscheiden. Wahrscheinlich empfiehlt es sich, bis dahin 'verlobt' zu bleiben.“ Fest steht: Verpartnerungen werden heuer nicht automatisch in Ehen umgeschrieben.

Ende des Pflegeregresses

Hierzu ergingen 2018 sowohl eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes als auch kürzlich zwei OGH-Entscheidungen, worin nunmehr auch klargestellt wurde, dass die öffentliche Hand auch im Falle grundbücherlich sichergestellter Forderungen keinen Zugriff mehr auf das Liegenschaftsvermögen von Pflegeheimbewohnern hat. „Das alles gilt allerdings nur für die öffentliche Hand, Verpflichtungen gegenüber privat organisierter Pflege (Stichwort 24-Stunden-Betreuung) haben mit dem Pflegeregress nichts zu tun“, betonen die Juristen.

Novelle des Patientenverfügungsgesetzes

Diese wird im Nationalrat behandelt, „das Inkrafttreten ist aber noch nicht terminisiert“, wie die Notare Pisk und Wenger betonen. Dabei gehe es im Wesentlichen darum, dass Arzt, Rotes Kreuz und ähnliche Institutionen mittels E-Card erkennen können, ob eine Patientenverfügung vorliegt. Anders gesagt: Das Dokument soll über die elektronische Gesundheitsakte (Elga) abrufbar sein. Zum Thema Elga ist freilich noch nichts fix. Debattiert wird auch eine Verlängerung der Verbindlichkeit der Patientenverfügung.

GmbH-Gründungen

Seit 1.1.2019 ist es dank elektronischem Notariatsform-Gründungsgesetz (ENG) möglich, den Gesellschaftsvertrag einer GmbH auch in Form eines elektronischen Notariatsaktes unter Nutzung elektronischer Kommunikationsmöglichkeiten zu errichten. Notar und Gesellschafter sitzen dabei an ihren jeweiligen Standorten gleichzeitig vor ihren Bildschirmen, um über Video den Entwurf eines Gesellschaftsvertrages zu besprechen, zu adaptieren und letztlich elektronisch zu signieren. Österreich ist hier Vorreiter in der EU.