Meine Eltern sind beide Jahrgang 1939. Meine Mutter kommt aus dem englischsprachigen Raum, mein Vater aus Österreich – das ist schon einmal ein Riesenunterschied. Die beiden verkörpern also beide Seiten des Weltkriegs. Als dieser vorbei war, waren sie sechs Jahre alt. Es klingt vielleicht blöd, aber dieser Krieg ist bei mir noch anwesend. Da ist irgendetwas, das ich noch immer mittrage. Bei meiner 20-jährigen Tochter, denke ich, ist das nicht mehr so. Meine Eltern sind in einem sehr autoritären System aufgewachsen, ihre Eltern sind kurz vor bzw. nach der Jahrhundertwende geboren worden. Sie haben von ihren Eltern noch andere Werte vermittelt bekommen als ich. Meine Großväter, von denen ich einen noch kennengelernt habe, gaben an ihre Kinder Strenge und Disziplin weiter.
Bei mir haben sie versucht, es anders zu machen, als sie es von ihren Eltern kannten. Ich rede nicht von antiautoritär – man muss Kindern ja auch immer Grenzen setzen. Bei uns zu Hause wurde Wert darauf gelegt – obwohl auch einiges verdrängt wurde –, dass man miteinander kommuniziert. Dass man im Austausch bleibt, sich begleitet und bestärkt. Wenn nicht mehr geredet wird, ist es vorbei. Das ist eine Parallele zwischen meinen Eltern und mir als Vater. Selbst als meine Tochter in der Pubertät war, haben wir geschaut, dass wir miteinander reden – auch wenn wir anderer Meinung sind. Aus meiner Sicht wächst da eine Generation heran, die vielversprechend ist. Die weniger auf Wettbewerb aus ist, sondern mehr aufs Miteinander. Ich hege Hoffnung, dass das durchkapitalisierte System ein Ablaufdatum hat. Was ich meiner Tochter noch mitgeben wollte: ein respektvoller, offener und höflicher Umgang auf Augenhöhe – egal, wer das Gegenüber ist. Das ist eine Selbstverständlichkeit – wie „Guten Tag! Guten Abend! Bitte. Danke.“ Das ist nicht viel, aber die wenigsten beherrschen das.
Ich war nicht abgeschreckt, dass meine Eltern Opernsänger waren. Gerade vor Premieren gab es viel Verzweiflung, viel Verletzung, viel Angst zu Hause. Und am Ende doch den Triumph! Auf der anderen Seite waren wir eine ganz normale Familie. Es ist bei Schauspielern und Sängern ja nicht besonders oder weniger dramatisch als bei anderen Familien.