Jeder von uns hat seine Leichen im Keller. Und auch Kasten. Tote Hosen, leblose Leiberln, apathische Anoraks. Gelegenheits- und Spontankäufe. Konsum – gesteuert von Lust und Laune – nur ein paar Klicks entfernt. Die sinnlosen Auswüchse zeigte vor Kurzem eine Umfrage von Greenpeace zum Onlinebestellverhalten der deutschen Nachbarn. Vier von zehn Befragten gaben an, dass sie bereits beim Bestellen wüssten, dass sie die Produkte wieder zurückschicken werden.

Nachhaltigkeitsbloggerin Madeleine Alizadeh, besser bekannt als „Dariadaria“, über diesen neurologischen Kick, den diese Art des „Shoppens“ auslöst: „Es ist ein absurder Kreislauf. Wir sind frustriert und kaufen ein, damit wir uns besser fühlen. Dann haben wir irgendwann so viel Zeug, dass wir uns erschlagen fühlen. Im Endeffekt misten wir aus, damit es uns wieder gut geht.“

Immer mehr, das immer weniger kostet

Statistiken bestätigen diesen textilen Teufelskreis. Die Textilherstellung hat sich zwischen den Jahren 2000 und 2015 verdoppelt. Die Ausgaben für Kleidung sind aber nur um zehn Prozent gestiegen. Bedeutet: Es gibt immer mehr, das immer weniger kostet. So verliert das Kleidungsstück an sich an Wert für den Kunden und wird deshalb nur noch selten bis gar nie getragen, weil die Konkurrenz im Kasten einfach zu groß ist. Endstation ist im besten Fall dann nur noch die Altkleidertonne. Auf diesem Weg ist Mode zum Wegwerfprodukt geworden. Zu günstig, um nicht zuzuschlagen. Zu billig, um Löcher zu stopfen oder vielleicht einmal eine Naht versetzen zu lassen.

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Branchenriesen, die sich in jeder Einkaufsstraße finden und so ganze Städte austauschbar machen, bringen in einem Jahr 24 (!) Kollektionen auf den Markt. Möglich machen das Kunstfasern – mittlerweile enthält unsere Kleidung zu 60 Prozent Polyester, das aus nicht erneuerbarem Erdöl hergestellt wird. Martin Böschen, Chef der Verwertungsfirma „Texaid“, schlug nun bei einer Tagung in Berlin Alarm und forderte neue Modelle für das Recycling von Alttextilien, die auch die gestiegenen Mengen berücksichtigen.

Appell an Kunden

Michaela Knieli, Textilexpertin bei der Umweltberatung, weiß, woran es hapert. „Mittlerweile sind die Fasermischungen der Textilien so vielfältig, dass man sie beinahe nicht mehr recyceln kann.“ Sie appelliert deswegen an Kunden, sich im Verzicht zu üben und ihre Kleidung so lange wie möglich zu nutzen und eine Bestandsaufnahme des Kastens zu machen. „Dann stellt man nämlich einmal fest, dass man vieles schon zu Hause hat, es aber nicht mehr weiß“, so die Expertin, die Rabattschlachten vor allem als „schwarzen Tag für Umwelt und Arbeitsbedingungen“ sieht. „Und all das für ein billiges Leiberl, das wir dann fast nie tragen.“ (Leitfaden zum bewussten Kleidungskauf)