Die Republik Österreich nimmt laut Finanzprokuratur jährlich mehrere Millionen mit erblosen Nachlässen ein. Diese fallen an den Staat, weil es keine Erben gibt und kein Testament vorhanden ist. Zwischen 2012 und 2015 fielen laut Bundesverwaltungsamt rund 12 Millionen Euro an Erbschaften mangels Erben dem Staat anheim. Die demographische Entwicklung bedingt, dass sich zwischen 2012 und 2030 die Zahl der Erbfälle nahezu verdoppeln wird. Bei gleichzeitig starkem Anstieg der Summe der übertragenen Vermögen und immer Menschen, die kinderlos sterben. Der Anteil der kinderlosen Frauen in Österreich liegt bei zirka 20 Prozent. Das sind die Fakten, die „Vergissmeinnicht.at“ („Die Initiative für das gute Testament“) jetzt bei einer Pressekonferenz auf den Tisch legte, um gemeinsam mit der Notariatskammer auf die Bedeutung gemeinnütziger Testamente aufmerksam zu machen.
„Laut aktueller Marketstudie wissen mittlerweile zwar 76 Prozent der Österreicher über 40 Jahren, dass man eine Spendenorganisation im Nachlass berücksichtigen kann, was ein positives Signal für uns ist“, sagt Markus Aichelburg-Rumerskirch von der Initiative Vergissmeinnicht, insgesamt sei der Informationsbedarf beim Thema Testament aber groß: „Nur 30 Prozent der Bevölkerung über 40 Jahren hat eines gemacht.“ Das kann Astrid Leopold, Notarsubstitutin im Grazer Notariat Lux, nur bestätigen. Hinzu komme, dass neben den 1,75 Millionen Testamenten, die im Testamentsregister zu finden sind, die also ein Notar oder Anwalt erstellt hat, noch etwa eine Million Testamente selbst verfasst und aufbewahrt sein dürften, was nicht selten Rechtsstreitigkeiten nach sich zieht.
"Krebsforschung" ist alles und nichts
Das Gefühl der meisten Menschen, die ein Testament erstellen, das Gefühl der Ordnung nach ihrem Tod und der Vermeidung von Streit, ist demnach häufig ein trügerisches. Ein gutes Beispiel hat Christian Scherer, Geschäftsführer der Krebshilfe Steiermark, parat: „Ich erinnere mich noch gut an einen Fall, wo eine Dame einen Teil ihres Vermögens der Krebsforschung vermachen wollte, ohne eine konkrete Institution zu nennen – eine Katastrophe“, sagt er. In der Folge seien vom zuständigen Notar zwölf Organisationen angeschrieben worden, „und das waren nur die Big-Player auf dem Segment“, fügt er hinzu. Das Resultat: Im Endeffekt ging alles an den Haupterben. Anders gesagt: „Ich empfehle dringend, Testamente nur von Notaren oder Anwälten machen zu lassen, nur so hat man wirklich die Sicherheit, dass nach dem eigenen Tod mit dem Vermögen das geschieht, was man möchte.“
Ein Testament ist nach Erfahrung aller Experten, eine hochemotionale Angelegenheit, was sich auch in der Statistik der am häufigsten in Testamenten bedachten gemeinnützigen Organisationen widerspiegelt: "Für Tiere und Kinder, und zwar in dieser Reihenfolge, wird am liebsten gespendet. Mit dem tatsächlichen Bedarf hat das oft wenig zu tun", sind sich Aichelburg-Rumerskirch, Leopold und Scherer einig. Die Hälfte ihrer Testamentspender ist den gemeinnützigen Organisationen übrigens gar nicht bekannt, es sind Menschen, die, solange sie lebten, gar nicht oder nur sehr selten spendeten.