Das neue Arbeitszeitgesetz ermöglicht es Arbeitgebern ab dem 1. September, 12-Stunden-Tage und 60-Stunden-Wochen ohne Zustimmung von Betriebsrat und/oder Arbeitsmedizin kurzfristig anzuordnen. "Das ist ein Angriff auf die Gesundheit der Beschäftigten. Es ist arbeitswissenschaftlich erwiesen, dass lange Arbeitszeiten und viele Überstunden einen negativen Einfluss auf Gesundheit, Sicherheit und Zufriedenheit haben", betont AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer. Der Arbeitnehmerschutz muss daher auf neuesten Stand gebracht werden.

Vielfach durch Studien untermauert

Über die negativen gesundheitlichen Auswirkungen überlanger Arbeitszeiten geben zahlreiche Studien Auskunft. Schmerzende Beine, Kreuzschmerzen, Muskelverspannungen, Einschlafstörungen, Erschöpfung und Mattigkeit sind bekannte Symptome. Das Ausweiten der Arbeitszeit hat aber auch langfristig Auswirkungen. Arbeitnehmer/-innen, die regelmäßig 55 Stunden oder mehr arbeiten, haben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und Diabetes und eine höhere Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden. Zudem steigt das Unfallrisiko nach acht Arbeitsstunden stark an. In der zwölften Arbeitsstunde ist dieses ungefähr doppelt so hoch wie in der achten.

Kurzfristig angeordnet

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Besonders problematisch sind aus arbeitsmedizinischer Sicht vor allem kurzfristig angeordnete und daher unvorhergesehene Überstunden. Bisher mussten eine Arbeitsmedizinerin/ein Arbeitsmediziner bei der Anordnung von Überstunden die jeweiligen spezifischen Belastungen auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit überprüfen bzw. der Betriebsrat zustimmen. Dies ist nun nicht mehr notwendig. "Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit mitbestimmen können, fühlen sich wohler", so Dr. Reinhard Jäger von der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin. Die Kombination aus hoher Anforderung und fehlender Möglichkeit, die Arbeitsbedingungen als Arbeitnehmer/-in selbst beeinflussen zu können, wirkt sich besonders nachteilig aus. Sowohl während der Arbeit, als auch während der Freizeit sind daher Erholungsmöglichkeiten nötig. Lange Arbeitszeiten und der Weg zur und von der Arbeit schränken diese allerdings ein.

Grenzwerte als Vorsorge

Grenzwerte bei Lärm, Vibrationen, klimatischen Belastungen, schwerer körperlicher Arbeit sowie Arbeit mit chemisch-toxischen, biologischen, krebserregenden oder sensibilisierenden Arbeitsstoffen können vielen Arbeitsbelastungen vorbeugen. Bisher beziehen sich die Grenzwerte allerdings auf eine Arbeitsdauer von acht Stunden und eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden. Bei der Ausweitung der Arbeitszeiten sind Arbeitnehmer/-innen mancher Branchen länger mit belastenden Tätigkeiten konfrontiert.

Die Forderungen der Arbeiterkammer

Die Grenzwerte für gefährliche Stoffe müssen daher in Betrieben mit längeren Arbeitszeiten neu bemessen werden - nötigenfalls sind arbeitsmedizinische Erhebungen dazu einzuholen. "Die Beibehaltung der niedrigeren Grenzwerte würde einer bewussten Gesundheitsgefährdung gleichkommen", so Kalliauer.

Die Forderungen der Arbeiterkammer:

  • Bei Betrieben, die die Möglichkeit des 12-Stunden-Tages nutzen, muss die vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung der psychischen und physischen Belastungen neu durchgeführt und vom Arbeitsinspektorat kontrolliert werden. * Die Arbeitszeit soll an die Belastungsintensität angepasst werden (je anstrengender die Arbeit, desto kürzer die Arbeitszeit).
  • Um das Fehler- und Unfallrisiko zu reduzieren, sind lange Arbeitsphasen ohne Ruhezeiten zu vermeiden.
  • Mitarbeiter/-innen müssen bei der Gestaltung der Arbeitszeit mitreden dürfen, damit ihre gesundheitlichen Bedürfnisse Beachtung finden.
  • Die Arbeitsdauer sollte so wenig wie möglich wechseln, Arbeitszeiten vorhersehbar und planbar sein. Eine geblockte Wochenendfreizeit ist aus Erholungsgründen einzelnen freien Tagen am Wochenende vorzuziehen.