Graue Platten bedecken den Boden des Münsters der Bodensee-Stadt Konstanz. Im Mittelgang schimmern alte Steine durch. Hier soll der tschechische Reformator Jan Hus gestanden haben, als er sich am 5. Juli 1415 ein letztes Mal weigerte, seine „ketzerischen“ Ansichten zu widerrufen.
„Da fuhr der Teufel aus seinem Körper und färbte den Boden schwarz. Vom Schrubben hat sich eine Mulde gebildet, die bis heute zu sehen ist.“ Henry Gerlach, Stadtführer zu Konstanz, lässt Geschichte in zahllosen Anekdoten lebendig werden.
Ernster wird der Kunsthistoriker, als er erzählt, wie das Konzilsgericht Jan Hus zum Tode verurteilte. Am 6. Juli 1415 starb der Theologe, der seinem Gewissen treu blieb, vor den Toren der Stadt auf dem Scheiterhaufen.
„Für den Tod von Jan Hus schämt sich noch heute mancher Konstanzer“, sagt Ruth Bader. Die Theaterwissenschaftlerin organisiert im Auftrag der Stadt unzählige Veranstaltungen rund ums Jubiläum des Konstanzer Konzils. Das Gedenken dauert fünf Jahre – so lange wie vor 600 Jahren das Konzil, von 1414 bis 1418. Die Verurteilung von Jan Hus war da nur eine Episode.
Ein Polit-Krimi
Hauptaufgabe der bedeutendsten Kirchenversammlung nördlich der Alpen war die Überwindung des großen abendländischen Schismas. Seit 1378 „regierten“ zwei Päpste, ab 1409 sogar drei.
Die Geschichte des Konzils mit allen theologischen und politischen Diskussionen liest sich wie ein Krimi. Da stritt man, wer das letzte Wort hat, Papst oder Konzil, da floh ein Papst bei Nacht und Nebel. „Die Verhandlungen in Konstanz waren wohl nicht viel anders als heute in der EU“, meint Ruth Bader.
Am 11. November 1417 erschallte der Ruf: „Habemus Papam“. Martin V. ging aus dem drei Tage dauernden und von Bogenschützen bewachten Konklave im Kaufhaus am Ufer des Bodensees als neuer Papst hervor. Spuren des Konzils begegnet man in Konstanz noch heute auf Schritt und Tritt. Es ist ein kleiner Spaziergang vom Münster zum Schauplatz des Konklaves.
Viele Gebäude sind erhalten geblieben. „Hier kann man Weltgeschichte an Originalschauplätzen nachspüren“, sagt Gerlach. Wem es irgendwann zu viel wird von der Geschichte und den Geschichten, der wird in und um Konstanz auch kulinarisch fündig. „Der Wein aus der Region hat einst sogar den italienischen Kardinälen geschmeckt“, erzählt der Stadtführer.