Frauen in Männerdomänen? Was lang als Rarität galt, gibt es zum Glück immer öfter. Auch wenn wir nach wie vor weit davon entfernt sind, technische Berufe oder auch Führungspositionen gendergerecht zu besetzen, geschweige denn zu bezahlen. Mit der beruflichen Laufbahn hat der aktuelle Social-Media-Trend „Women in Male Fields“ allerdings wenig zu tun, auch wenn es der Name vermuten lässt. Gendergerechtigkeit spielt trotzdem eine Rolle. Der Trend wirft ein Licht auf die Realität vieler Frauen, indem sie das toxische Verhalten von Männern in Form von Videos und Memes mit einer großen Portion Humor und Ironie spiegeln.
Wie du mir, so ich dir
Unter dem dazugehörigen Hashtag #womeninmalefields finden sich auf Instagram und TikTok Hunderttausende Beiträge. In Memes und Videos teilen Frauen Anekdoten und Erlebnisse zu problematischem Verhalten, das stereotypischen Männern zugesprochen wird. Meist haben sie diese Situationen selbst erlebt – nur drehen sie den Spieß um und tun dabei so, als wären sie es selbst gewesen, die dieses Verhalten an den Tag gelegt hätten. Durch diese Umkehrung soll auf die Absurdität und Übergriffigkeit dieser verharmlosten Alltagshandlungen hingewiesen werden, die Frauen im Dating, in Beziehungen oder auch im Beruf tagtäglich erleben.
„Wenn er nach Verhütung fragt, aber...“
„…ich ihm sage, dass ich mit Pille nichts fühle“, schreibt die feministische Aktivistin und Autorin Tara-Louise Wittwer in einem ihrer Videos. Damit spricht die Journalistin die Verhütungs-Debatte an, deren Verantwortung von Männern gerne an Frauen weitergegeben wird – oft kombiniert mit dem Argument: „Aber mit dem Kondom spüre ich nichts“.
Ein anderes Beispiel spricht auch TikTokerin und Polizistin @lenaslogik an: „Er hat mir erzählt, dass er bei der Polizei arbeitet, also hab ich ihm gesagt, dass er so ja gar nicht aussieht und gefragt, ob man ihn da überhaupt ernst nimmt.“ Der virale Trend hat eine Welle von Wiedererkennung und Solidarität unter Frauen ausgelöst. Er zeigt, wie viele Frauen von ihren Dates, Partnern oder Kollegen nicht ernst genommen, belächelt oder schlecht behandelt wurden oder noch werden.
„Daten wir alle denselben Mann?“
Liest man sich durch die Kommentarspalten, so findet man zahlreiche Kommentare von Frauen, die Ähnliches erlebt haben. Sie tauschen ihre Erfahrungen aus und fragen sich zum Teil ironisch: „Daten wir alle denselben Mann?“. Missachtende Erlebnisse und respektloses Verhalten sind alles andere als schön. Sie geben Frauen das Gefühl, dass ihre Bedürfnisse nicht anerkannt werden, sie wertlos sind und niemals gut genug sein werden. Ein Gefühl, das erdrückend sein kann und in Einsamkeit münden kann. Auch wenn die Erfahrungen alles andere als schön sind, so kann Humor dabei helfen, die absurde Menge an Misogynie verarbeiten zu können. Er entfaltet eine verbindende Kraft – wenn auch nur kurz und wenn auch nur in der Kommentarspalte.
Gegentrend: „Men in Female Fields“
So lustig diese Videos auch sein mögen, sie funktionieren vor allem innerhalb einer Gemeinschaft, die diese zugrunde liegende Problematik ohnehin bereits verstanden hat. Die Menschen, die diese Botschaft eigentlich erreichen soll, also die Männer, die das in den Videos karikierte toxische Verhalten an den Tag legen, fühlen sich, zumindest ein Teil von ihnen, vom Trend herausgefordert. Sie haben ihren eigenen Gegentrend mit dem Namen „Men in Female Fields” gestartet, mit dem sie sich über das Verhalten von Frauen lustig machen.
Während es unter den zahlreichen Beiträgen auch gekränkte Kommentare von Männern gibt, spielen andere User bei dem Trend mit: „Wenn sie dich so gut ins Licht führt, dass du ihr applaudierst, weil man selten Frauen in männerdominierten Bereichen sieht“, schreibt TikToker Dom Gabriel.
Ist der Trend damit gescheitert?
Diese große Revolution, durch die so manche Männer endlich verstehen, dass sie etwas an ihrem Verhalten gegenüber Frauen verändern müssen, ist es vermutlich nicht. Gescheitert ist diese Bewegung jedoch trotzdem nicht unbedingt. Wenn sich auch nur ein paar Frauen durch den Austausch mit anderen gesehen fühlen, ist schon was gewonnen. Der Trend schafft Raum für ernsthafte Gespräche über Geschlechterdynamiken. Auch wenn dieses Verhalten größtenteils Männern zugeschrieben wird, gibt es für Dynamiken wie diese keine Geschlechtszuschreibung.
Und eigentlich sollte sowieso immer gelten: Unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung trägt jeder die Verantwortung dafür, gesunde, wertschätzende Beziehungen aufzubauen und an einem respektvollen und gleichberechtigten Miteinander zu arbeiten.