Fahr mit im knallroten Autobus! Wir haben sehr viel Platz für Hund und Katz und Spatz! Bei uns passt jeder rein, ob groß, ob klein!“ Erinnern Sie sich noch an dieses Lied? Nein? Dann waren Sie vermutlich nicht dabei, als vor 50 Jahren die erste Folge der beliebten Kindersendung „Der knallrote Autobus“ in Österreich über die TV-Bildschirme flimmerte.
Das Fernsehen war damals schon auf dem besten Weg zum Massenmedium. 1967 registrierte man in Österreich eine Million Fernsehbewilligungen. Ab 1969 schaute man nicht mehr in Schwarzweiß, sondern in Farbe. Und vielerorts noch gemeinschaftlich. So war es nicht unüblich, dass eine ganze Kinderschar aus der Nachbarschaft zur Sendezeit ein TV-bestücktes Wohnzimmer stürmte.
Neben der „Sendung mit der Maus“, dem täglichen „Betthupferl“ und noch bevor „Am dam des“ erfunden wurde, rollte ab 1974 regelmäßig „Der knallrote Autobus“ über den Bildschirm. In den Hauptrollen: Der neunmalkluge Hase Klicker, der erfinderische Hund Klamotte und Elvira Klawitter, die freundliche Schildkröte. Die drei Marionetten aus der Werkstatt der Augsburger Puppenkiste bildeten im Dialog mit einem Moderator die Rahmenhandlung der Kindersendung. Dazwischen gab es Animationsgeschichten mit „Max, dem Känguru“, den Knetgummi-Figuren „Die wilden Männer“ oder den blauen Daumenvögeln sowie kurze Realfilme.
Kindersendung nach traumatischer Jugend
Die Sendung richtete sich gezielt an Vorschulkinder. Peter Kraus, Tina York und Mary Roos sangen auf einem Trampolin springend das ABC-Lied zwischen lebensgroßen Buchstaben. Lerninhalte, aber auch gesellschaftskritische Themen, wurden in Form von Geschichten verhandelt. Hinter der Schildkröte Elvira Klawitter stand die Stimme der österreichischen Schauspielerin Irmgard Först.
Regie führte Imo Moszkowicz. Seine Lebensgeschichte ist im Jüdischen Museum Westfalen in Dorsten in Form einer Dauerausstellung dokumentiert. Er kam 1925 in Ahlen zur Welt. Sein Vater war Schuhmacher, stammte aus Russland und wurde als Zwangsarbeiter verschleppt. Seine Mutter und seine Geschwister kamen in den NS-Konzentrationslagern um. Moszkowicz überlebte das KZ Auschwitz, die Zwangsarbeit in den Buna-Werken und den Todesmarsch. Später heiratete er Renate Dadieu, die Tochter des steirischen Chemikers und NS-Gauhauptmanns Armin Dadieu. Sie lernte er in Argentinien kennen, wohin Armin Dadieu zu Kriegsende 1945 aus seiner Haft geflohen war und später als Regierungsberater für Raketentreibstoffe arbeitete.
Klicker, Klamotte und Elvira verschollen
Moszkowicz schloss eine Schauspielschule ab und wurde Regieassistent in Deutschland. Nach Stationen in Santiago de Chile und Tel Aviv verantwortete er mehr als 100 Inszenierungen an fast allen großen Bühnen im deutschsprachigen Raum, auch an der Grazer Oper. In mehr als 200 TV-Filmen und TV-Serien führte er Regie und lehrte zudem als Gastprofessor in Wien, Salzburg und Graz. Seine dramatische Lebensgeschichte hat er in seiner Autobiografie „Der grauende Morgen“ verarbeitet.
Bis zu seinem Tod im Jahr 2011 lebte Imo Moszkowicz in Ottobrunn im Landkreis München und in der Südsteiermark. Zahlreiche prominente Kulturschaffende wie Arthur Miller, Inge Morath, Ursula Lingen oder Esther Ofarim waren ständige Gäste in seinem Haus. Sein Sohn Martin Moszkowicz landete ebenfalls beim Film. Er ist heute Produzent und Chef von Constantin-Film („Fack ju Göhte“, „Der Schuh des Manitu“). Seine Tochter Daniela Ebenbauer-Dadieu wurde freie Schauspielerin, die Mutter zweier Kinder engagiert sich bis heute mit Workshops zum Thema Holocaust an Schulen gegen das Vergessen.
Doch zurück zum knallroten Autobus. Nachdem die Fernsehserie 1976 abgesetzt worden war, galten Hase Klicker, Hund Klamotte und Schildkröte Elvira Klawitter rund 30 Jahre lang als verschollen. Das änderte sich im Jahr 2007 mit einem Zufallsfund. Ein Sammler entdeckte die drei Figuren in einem Keller in München. Heute sind sie im berühmten Augsburger Puppenmuseum untergebracht. Dort warten sie gemeinsam mit all den anderen handgeschnitzten Legenden aus rund 800 TV-Produktionen und Theaterstücken der Bühnengeschichte auf neugierige Besucher und Besucherinnen.