Wenn man sich heutzutage Wohnanlagen ansieht, stehen überall Schilder, dass Fußballspielen verboten ist und wenn Kinder im Hof lärmen, gibt es immer einen Nachbarn, der sich davon gestört fühlt. Einmal, als ich mit meinem damals noch kleinen Sohn einen tollen Kletterbaum entdeckt hatte, schmierte eine Anwohnerin Vaseline (!) auf die Äste, um ein Beklettern unmöglich zu machen. Der Lebensraum von Kindern hat sich also in den letzten Jahrzehnten immer stärker verkleinert und ins Innere von Wohnungen und Bildungsinstitutionen verlagert. Doch wenn sie dann alle am Handy sitzen, ist es auch nicht recht. Dabei stören sie aber zumindest niemanden? Das scheint auch die Strategie mancher Eltern zu sein, die schon Dreijährige im Restaurant vor das Tablet setzen – bloß nicht unangenehm auffallen, wenn das Kind herumlaufen oder laut sein könnte. In der Gastronomie und im Tourismus schafft man mit „Adults Only“-Bereichen gezielt kinderfreie Zonen - und ich habe durchaus Verständnis für das Bedürfnis nach Ruhe.
Kinderfreundliche Mentalität
Doch was sagt das über unsere Gesellschaft aus, wenn Kinder – und die damit verbundenen Herausforderungen für Eltern – als Belastung wahrgenommen werden? Blickt man in andere Länder, sieht man, wie es anders geht. In Finnland gibt es beispielsweise spezielle Kinderwaggons in Zügen, in denen Kinder frei spielen können, ohne dass Eltern das Gefühl haben müssen, sie stören. Kinderfreundlichkeit bedeutet aber nicht nur, spezielle Spielplätze oder Kinderbetreuungsangebote zu schaffen. Es geht darum, eine Mentalität zu fördern, in der Kinder als integraler Bestandteil der Gesellschaft wahrgenommen werden. Als eine Freundin einmal eine Wohnung suchte, die an einer Hauptstraße lag, wurde ihr als Negativpunkt der Lärm einer nahegelegenen Schule genannt. Erstaunlich, dass der fröhliche Lärm spielender Kinder als störend empfunden wird, während Verkehrslärm erträglich erscheint. Und dabei kennen wir das doch alle aus dem Urlaub: Italien zeigt, dass Kinder auch anders wahrgenommen werden können: Dort sind sie automatisch der Mittelpunkt und genießen eine hohe Wertschätzung.
Kinder sind unsere Zukunft
Vielleicht hilft die Draufsicht: Der Alltag ist doch insgesamt eine Zumutung. Viele Menschen tragen dazu bei, ob sie nun zwei oder zweiundfünfzig Jahre alt sind. Es gibt nervige Kinder, aber auch Erwachsene, die in Handys schreien, Junggesellenabschiede, Betrunkene und knallend-knatternde Kleinmotorräder. Ein Recht auf Ruhe im öffentlichen Raum gibt es nicht.
Möglicherweise haben es ja die Italiener verstanden: Kinder sind unsere Zukunft. Will man also ein kinderfreundliches Land sein, wo man noch gerne Kinder bekommt, ohne sich von der Gesellschaft ausgeschlossen zu fühlen, fangen wir vielleicht im Kleinen an. Schreit wo ein kleines Kind, hilft ein nettes und anteilnehmendes Lächeln mehr als böse Blicke und herablassende Kommentare. Gehen wir davon aus, dass die Eltern ihr Bestes geben, das ihnen zu diesem Zeitpunkt möglich ist und machen wir es gleich.