„Die Schule hat noch nicht lang wieder begonnen, da kamen schon die ersten Anrufe von Eltern, die Unterstützung suchen“, sagt Lerntrainerin Bettina Brencic. Denn viele Kinder haben in der Schule Schwierigkeiten: Sie können sich etwa den Zahlenraum nicht vorstellen, langes Sitzen fällt ihnen schwer, sie lassen Buchstaben aus oder können sich schwer konzentrieren. Und bei den Hausaufgaben gibt es oft Streit mit den Eltern. Häufig haben diese Probleme tiefere Ursachen, die nicht allein bei den Kindern selbst liegen, sondern auch im Umfeld und den Erfahrungen, die sie zu Hause und in der Schule machen.

Vertrauen haben

Kinder werden von den Erwachsenen in ihrem Leben stark geprägt. Bis zum siebten Lebensjahr nehmen Kinder ihre Umgebung besonders intensiv wahr und übernehmen Erfahrungen und Haltungen der Erwachsenen, die sie begleiten, als ihre Realität. Wird dem Kind suggeriert, dass Fehler nicht erlaubt sind oder dass es erfolgreich sein muss, um Erwartungen zu erfüllen, entwickelt es leicht Ängste und Blockaden. „Stress und Frustration sind ganz häufig der Grund für Lernblockaden“, erklärt Brencic. „Ist das Gehirn gestresst, kann es nicht auf sein gesamtes Verhaltens- und Lernspektrum zugreifen.“

Eltern sollten Vertrauen in die Fähigkeiten ihres Kindes haben. Studien zeigten: Kinder, von denen Lehrer glaubten, dass sie hochbegabt seien, erbrachten tatsächlich bessere Leistungen, auch wenn sie es ursprünglich nicht waren. Atemübungen, Meditation oder Augenübungen helfen zusätzlich, Stress abzubauen und das Gehirn in Balance zu bringen.

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Auch Emotionen spielen eine zentrale Rolle beim Lernen. Kinder müssen ihre Gefühle ausdrücken dürfen, ohne dass sie abgewertet oder übergangen werden. Sätze wie „Sei nicht so empfindlich“ oder „Das ist doch nicht schlimm“ verhindern, dass Kinder lernen, ihre Emotionen zu regulieren. „Staut sich Frust auf, kann das beim Lernen stören. Eltern sollten daher versuchen, auch negative Gefühle auszuhalten und ihre Kinder emotional zu begleiten, anstatt alles sofort zu beschwichtigen“, teilt Brencic ihre Erfahrungen.

Ein wichtiger Aspekt für den Schulerfolg sei auch der Selbstwert des Kindes. Eltern sollten sich fragen, wie sehr sie ihr Kind bisher in seiner Selbstständigkeit gefördert und ihm zugetraut haben, Herausforderungen zu bewältigen. Kinder müssen die Chance haben, soziale Fähigkeiten zu entwickeln und auch Frustrationen zu erleben. „Greifen Eltern ständig ein, weil sie befürchten, ihr Kind könnte scheitern, wird die natürliche Frustrationstoleranz nicht trainiert. Aber Kinder sollten lernen, mit kleinen Enttäuschungen umzugehen, denn das fördert ihre emotionale Reife und Resilienz“, rät die Lerntrainerin.

„Lernen funktioniert nur über Beziehung“

Ein häufiger Streitpunkt in vielen Familien sind die Hausaufgaben. Mischen sich Eltern dabei zu stark ein, führt das oft zu Konflikten. Dabei sollten Eltern ihrem Kind zutrauen, dass es die schulischen Anforderungen selbst bewältigen kann. Brencic: „Anstatt ständig zu korrigieren und die Verantwortung zu übernehmen, sollten Eltern ihr Kind ermutigen, eigene Lösungen zu finden. Dies stärkt nicht nur die Eigenmotivation des Kindes, sondern fördert auch eine bessere Beziehung zwischen Eltern und Kind.“ Beziehungen sind schließlich entscheidend für den Lernprozess.

Kinder lernen am besten, wenn sie eine gute Beziehung zu den Erwachsenen in ihrem Umfeld haben, sei es zu Eltern oder Lehrern. Schon Gehirnforscher Gerald Hüther hat gesagt: Lernen funktioniert nur über Beziehung. Studien zeigen, dass Kinder, die sich von ihren Lehrern verstanden fühlen, motivierter und erfolgreicher in der Schule sind. Daher ist auch im Klassenraum eine schuldfreie und vertrauensvolle Atmosphäre wichtig.

Bewegungsentwicklung

Einige schulische Probleme haben ihre Wurzeln in der frühen Entwicklung des Kindes. Kinder, die bestimmte sensomotorische Erfahrungen nicht gemacht haben, können später Schwierigkeiten mit der Konzentration oder der Körperwahrnehmung haben. Bewegungen wie Krabbeln oder Überkreuzbewegungen sind wichtig für die Vernetzung im Gehirn und die Entwicklung von Körperwahrnehmung und Spannung. Diese Fähigkeiten beeinflussen später, ob ein Kind stillsitzen, sich konzentrieren, dreidimensional denken oder gut schreiben kann. „Wurden manche Schritte in der frühen Bewegungsentwicklung übergangen, können wir auch das größere Kind noch durch motorische Übungen oder Gleichgewichtstraining unterstützen“, beruhigt Brencic, die in Einzeltrainings oder Workshops mit Eltern, Pädagogen und Schülern arbeitet.

Eltern können also einiges tun, um ihre Kinder zu unterstützen und den Stress zu reduzieren. Brencic: „Bewusstsein für die eigene Haltung, die richtige Bewegung und die Beziehung zum Kind, das sind für mich jene Schwerpunkte, die nicht nur helfen, die Herausforderungen in der Schule besser zu meistern, sondern insgesamt ein unterstützendes Umfeld bieten, um Kindern ein gutes Heranwachsen zu ermöglichen.“