Kaiserlich flanieren lässt es sich in Bad Ischl wie in kaum einer anderen Stadt Österreichs. Man gönne sich nur mal die Kaiservilla, in der Franz Joseph I. seine Sommer verbrachte, das Kongress- und Theaterhaus mit dem malerischen Park bis hin zur Konditorei Zauner, einst k. u. k. Hof-Zuckerbäckerei. Viel Historie und epochale Architektur, die vor allem an sonnigen Tagen großartig auftragen. Doch schreiben wir das Jahr 2024 und damit einen kleinen, hoffentlich feinen Text über das, was in Bad Ischl heuer noch so läuft.
Kunst mit Salz
Da ist natürlich das Salz! Was vor mehr als 7.000 Jahren in der Region begann, der Salzabbau, wird in Bad Ischl heute zeitgenössisch aufgeladen. Unter dem Motto „Kunst mit Salz & Wasser“ findet im Sudhaus die zentrale Kunstausstellung der Kulturhauptstadt 2024 statt. Mit Skulpturen, Installationen sowie Film-, Foto- und Klangarbeiten präsentieren nationale und internationale Künstler ihren Beitrag zum Salz-und-Wasser-Thema. Nicht selten sind sie poetisch – wie Motoi Yamamoto, der mit Hunderten Kilo Salz labyrinthartige Gebilde auf den Boden zeichnet und sich damit auf eine Erinnerungsreise zu seiner verstorbenen jüngeren Schwester begibt.
Das österreichische Künstler-Duo Nicole Six und Paul Petritsch zeigt indes eine Person: Einsam steht sie auf einer Eisfläche ohne Horizont, um mit einer Spitzhacke ein immer größeres Loch in den Untergrund zu schlagen. Eine Metapher für das, was uns (jetzt schon) blüht, wenn wir so weitermachen mit unseren natürlichen Ressourcen? Für den Boden, den wir uns selbst unter den Füßen wegziehen? Neben aller zeitgenössischen Kunst gibt es im Sudhaus auch einen Ausstellungsteil, der die historische Entwicklung des Salzbergbaus und der Arbeitskultur des Salzkammerguts umfassend thematisiert.
Erlesene Stücke
Tradiert mag diese Verlagsbuchhandlung vielleicht klingen, erfrischend neue Auftritte gibt es hier dennoch. Nicht nur werden Bücher im eigenen Plag dich nicht-Verlag publiziert, was als humorige Anspielung auf die Sommerfrische verstanden werden dürfte. Charmant ist auch Lyrik2Go: Jeden Monat wird eine Zeile aus einem Gedicht auf T-Shirts gedruckt, um Poesie in die Welt hinaustragen zu lassen. So äußern sich etwa Leta Semadeni mit Leg / Das Herz / In Die Lücke / Spring / Ohne Netz / Auf Die Nächste / Zeile und Emmy Hennings mit einem Ich bin da. PARDON!
Trifft sich gut, denn beim Literatursalon des Hauses begegnet man sich: Regelmäßig werden neu erschienene und wieder entdeckte Werke gelesen und diskutiert, die aus der Feder von Autorinnen stammen. Denn Frauen > Literaturkanon > unterrepräsentiert – ja, leider noch immer. In der Kurdirektion ist jedenfalls schön was los. Alles dreht sich um Literatur und Musik, von historisch und heimatverbunden bis zeitgenössisch, avantgardistisch und rockig-laut.
Moderner Raum an der Traun
Wie man kunst- und kulturwandelt, so bettet man sich! Am besten in einem Haus, das zugleich stolz ist auf seine Geschichte und ihre neu-urbane Interpretation. Das Goldene Schiff ist ein modernes Stadthotel mitten in der Stadt direkt an der Traun. Während die Gäste komfortabel in ihren Zimmern wohnen, genießen sie den Sommer im Trauntown, dem hoteleigenen Lokal mit Bar und chilligen Plätzen auch draußen. Genuss am Fluss – etwa mit Apéro und Spritzer sowie einer Karte, die einen köstlichen Bogen von Antipasti über Saiblingsfilet bis Apfeltarte schlägt.
Im Goldenen Schiff kehrten im frühen 19. Jahrhundert schon die Traunreiter ein. Nachdem flussabwärts die schweren Salz-Zillen der Salzschiffer entleert wurden, schleppten die Traunreiter die Zillen wieder zurück gegen den Strom – mit lebenswichtigen Gütern für die Bad Ischler Bevölkerung. Echte Knochenarbeit, die neben einer Stärkung auch einen Aufenthalt im Traun-SPA verdient gehabt hätte. Doch Wellness hatte das Goldene Schiff damals noch nicht zu bieten.
Wie so vieles, was heuer auch in Bad Ischl neu ist. Eine Stadt, die ihr historisches Flair nach wie vor zelebriert, als Zentrum der Kulturhauptstadt 2024 aber auch ganz neue Facetten zeigt. Kaiser war gestern. Kunst und Kultur sind heute.