Es gab eine Zeit, in der die großen amerikanischen Kühlschränke in ihrer ungekühlten Version noch „Speiskammerl“ hießen. Jenes der Mutter war für den Schreiber dieser Zeilen ein verlockender Sehnsuchtsort, weil sie dort außer den Grundnahrungsmitteln auch Süßes versteckt hatte. Es konnten ja unerwartet Gäste kommen. Wenn sie ausgerechnet am Karfreitag die Speisen für das Osterwochenende, an dem ihre vielen Patenkinder samt Familien zu Besuch kamen, zubereitete, landeten diese, frisch duftend, im Speiskammerl: wegen des strengen Fasttages vor dem Zugriff von uns Kindern geschützt.
All diese Kindheitserinnerungen kommen in mir hoch, als wir die Stufen zum „Speis’Kammerl“ mitten im Gröbminger Zentrum hinaufsteigen. Das Lokal von Küchenchef Christian Busta und Lebensgefährtin Kornelia Gruber gilt bei den Einheimischen als Geheimtipp. – Den aber schon viele kennen dürften. Am Sonntagabend ist das Restaurant mit seinen rund 40 Sitzplätzen auch in der Nebensaison gut gefüllt. Eine Reservierung empfiehlt sich, sagt Kornelia Gruber. Ihr Lebensgefährte Christian Busta hat internationale Erfahrung, war im Sacher in Salzburg Sou-Chef und im heutigen Höflehner Natur- und Wellnesshotel Küchenchef, bevor sich die beiden 2011 selbstständig machten.
Aus der handgeschriebenen Speisekarte wähle ich das Carpaccio vom österreichischen Rind mit Riesengarnelen, Bärlauchpesto und ofenfrischem Gebäck (14,50 Euro). Das hat einen ebenso feinen Geschmack wie es geschnitten ist, die beiden Garnelen sind so mit Augenmaß gewürzt, dass die Kombination stimmig ist. Die Portionen sind à la carte größer als bei den mehrgängigen Menüs. „Viele unserer regionalen Stammgäste erwarten das“, erklärt Christian Busta nach unserer anonymen Testung.
Die Spargelcremsuppe mit Lachsstreifen und Croûtons, für die sich meine Begleitung entscheidet, ist sämig, sehr gut abgeschmeckt, „wirklich gut“. Als Hauptgang kommt für sie die „Schottische Lachsschnitte mit Marchfelder Spargel, jungem Gemüse, heurigen Kartoffeln und Bärlauchsauce“ (26,50 Euro). Die Portion ist wiederum reichlich, der Lachs „von perfekter Konsistenz, absolut auf den Punkt gegart“.
Christian Busta bekommt den Lachs im Ganzen, frisch aus Schottland, filetiert und portioniert ihn, bereitet aus den Nebenprodukten den Fischfond für die Grundsoße: die klassische Schule. Die in „Rotwein geschmorten Schweinsbackerl mit Marchfelder Spargel, Bärlauchnockerl und Sauce hollandaise“ (23,50 Euro) sind so was von zart und geschmacklich austariert, dass sie sich unter die besten ihrer Art in meinem kulinarischen Wahrnehmungsspektrum einreihen.
Als Nachspeise wählen wir das Schokoladen-Buttermilchmousse mit Erdbeerragout (6,50 Euro) und die Erdbeecrepes mit Bauernhofeis (8,50 Euro). Wieder gilt: große Portionen und ein sehr stimmiger Genuss. Kornelia Gruber, die mit natürlicher Freundlichkeit serviert, erzählt später von der großen Leidenschaft der beiden für das Restaurant: „Die Stunden darf man nicht zählen, aber wir machen das wirklich sehr gerne.“