Die RSV-Saison ist erst im Abklingen, aber schon jetzt steht fest: Die heurige vom Respiratorischen Synzytial-Virus ausgelöste Erkrankungswelle war mindestens so heftig wie 2022/23 und auch wie in den Jahren vor der Coronapandemie. Das bestätigt Bernhard Resch von der Abteilung für Neonatologie der MedUni Graz: „Wir hatten im Prinzip einen zeitlichen Ablauf wie vor Covid-19, aber sehr, sehr viele Aufnahmen und Zuweisungen auf die Kinderintensivstation.“
Es kam zu vielen Spitalsaufnahmen und schweren Verläufen, sowohl bei Säuglingen als auch bei Seniorinnen und Senioren, hieß es am Dienstag in einer Bilanz vom Österreichischen Verband der Impfstoffhersteller (ÖVIH). Die Saison habe sich gegenüber unmittelbar nach der Pandemie etwas mehr auf den Jahresanfang verschoben und lief gleichzeitig mit der Influenza-Epidemie. Die meisten Spitalsaufnahmen wurden Anfang Februar verzeichnet, da lag die Positivrate der eingesendeten Proben bei 20 Prozent - ab zehn Prozent geht man von einer epidemischen Situation aus: Nach wenigen RSV-bedingten Spitalsaufenthalten im Oktober steigerten sich die Aufnahmen auf mehr als 450 in nur einer Woche im Februar, darunter 13 auf der Intensivstation.
Frühgeborenes musste wochenlang auf Intensivstation verbringen
Resch schilderte den Fall eines Frühgeborenen, das sich im Spital infiziert hatte: „Der Zustand des Säuglings hat sich bereits nach wenigen Stunden massiv verschlechtert, dabei war er eigentlich schon kurz vor der Entlassung. Der Bub kam auf die Kinderintensivstation und musste zwei Wochen lang intubiert und beatmet werden. Danach musste er noch wochenlang weiter auf der Intensivstation bleiben, während die nicht betroffene Zwillingsschwester schon seit fünf Wochen zu Hause war.“ In Wien sei sogar ein sieben Monate altes Baby gestorben.
Bei gesunden Erwachsenen im berufstätigen Alter zeigt sich RSV meist als „Erkältung“ mit Husten und Schnupfen. Bei Älteren können Bronchitis, Lungenentzündungen und Verschlechterungen von bestehenden Herz- und Lungenerkrankungen entstehen. In der EU kommt es laut ÖVIH pro Jahr zu rund 145.000 Hospitalisierungen aufgrund von RSV bei Über-65-Jährigen, 2.300 davon in Österreich.
Laut Stefan Winkler, stv. Leiter der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin an der MedUni Wien, sind RSV und Influenza für ältere Menschen mittlerweile gleich problematisch. „Viele sind jetzt den ganzen Winter krank. Zuerst haben sie Corona, das schwächt ihr Immunsystem. Dann erkranken sie - weil viele ungeimpft sind - an Influenza, und dann noch an RSV.“ Speziell für Personen mit einer Vorerkrankung der Lunge könne eine RSV-Infektion lebensgefährlich sein.
Schutz durch Impfstoffe
Seit Herbst 2023 sind Impfstoffe für Seniorinnen und Schwangere verfügbar. Die zwei Vakzine für Personen ab 60 hätten in den Zulassungsstudien eine hohe Wirksamkeit gegen schwere RSV-Verläufe gezeigt, so der ÖVIH, einer ist auch für Schwangere zugelassen. Die Antikörper der Mutter werden über die Plazenta auf das Ungeborene übertragen. Für „Risikosäuglinge“ gibt es in Österreich eine passive Immunisierung, die einmal monatlich verabreicht werden muss. Auf EU-Ebene ist bereits ein langwirksamer monoklonaler RSV-Antikörper zugelassen, der nur einmal pro Saison gegeben wird. In Österreich laufen dazu Gespräche. Ein weiterer langwirksamer monoklonaler RSV-Antikörper sei noch in Entwicklung. Die seit dem Vorjahr erstmals erhältlichen RSV-Impfstoffe sind jedoch selbst zu bezahlen und kosten weit mehr als 200 Euro.