„Geschwister sind Freunde fürs Leben.“ Was nach einem öden Klischee klingen mag, kommt Dunja Schnabel ganz mühelos über die Lippen. Und sie muss es wissen. Ist die heute 53-Jährige doch als drittletztes von insgesamt 17 Kindern auf die Welt gekommen. Ihre Erlebnisse in der Großfamilie in Köln hat die Illustratorin und Autorin in einem Comicroman niedergeschrieben. „So viele Geschwister zu haben, ist ein Gewinn und ein Mehrwert“, betont Dunja Schnabel am Telefon. „Wenn Partys langweilig waren, habe ich früher das Gespräch immer auf meine Familie gelenkt. Da hatte man dann Gesprächsstoff. Das ließ keinen kalt.“

Ob wirklich alle Kinder von einer Mutter und einem Vater sind, ob es Zwillinge und Drillinge gibt, und wie gekocht wird? Der Comicroman gibt Antwort. So viel sei verraten: Patchwork-Familie war es keine. 20 Jahre liegen zwischen dem ältesten und dem jüngsten Schnabel-Kind. Da war es ganz normal, dass die Großen auf die Kleinen aufpassen mussten. Zu viel Verantwortung? „Das war zu jener Zeit so. Meine ältesten Geschwister sind mittlerweile 70. Nach dem Krieg waren die Erziehungsmethoden eben andere. Ich hätte das meinen Kindern nie zugemutet“, verrät dreifache Mutter. So schlimm hätten die Älteren das Ganze aber nicht empfunden, da sie ja auch immer eine „ganze Horde“ waren. Zu ihrem ganz persönlichen „Aufpassbruder“ – er wurde ihr von den Eltern zugeteilt und teilte sich auch das Zimmer mit ihr – hat sie noch heute eine ganz besondere Beziehung.

Geschichten hat die Autorin viele zu erzählen. Von gemeinsamen Familienessen an zwei Tischen etwa, bei denen es eine ganz klare Regel gab: zuerst die Jüngsten! „Meine Mutter hatte immer das Argument, dass die Kleinen so ungeduldig sind und dass sie als Erstes ruhiggestellt werden mussten.“ Während die kleine Dunja von diesem Grundsatz profitierte (sie zählte immer zu den Kleinen), lassen sie andere Regeln noch heute aufstöhnen. „Meine Mutter war wahnsinnig ordnungsliebend. Als Kind habe ich gehasst, dass immer so streng aufgeräumt werden musste.“ Sogar das Kinderwohnzimmer, das es neben dem eigenen Elternwohnzimmer gab.

© Verlag Rotfuchs
© Verlag Rotfuchs

Und dann stirbt der Vater

Als Dunja zehn Jahre alt ist, trifft die Familie ein Schicksalsschlag. Mit nur 52 Jahren stirbt der Vater an einem Herzinfarkt. „Meine ältesten Geschwister waren da schon erwachsen (Anm.: zehn Kinder waren noch schulpflichtig) und auch so etwas wie Berater für meine Mutter. Die sind dann auch ein bisschen eingesprungen.“ In den Ferien ging es für die jüngeren Geschwister oft zu den Älteren, die schon auswärts wohnten. GemeinsameUrlaube hatte es aber auch davor nicht gegeben. „Die Kindheit meiner älteren Geschwister war komplett anders als meine. Ich hatte mit zehn ein eigenes Zimmer. Die Älteren mussten sich in dem Alter noch zu fünft ein Zimmer teilen.“ Streitigkeiten und Kämpfe waren da vorprogrammiert. „Natürlich gibt es da auch eine Konkurrenz, oder dass man denkt, die Jüngere hat es besser, der fallen manche Sachen leichter. Aber generell war es eher ein Miteinander“. Ein eindeutiges Plädoyer für die Großfamilie. Einzelkind? „Das könnte ich mir nicht vorstellen“, sagt Dunja Schnabel, lacht und verrät ein Geheimnis. „Für uns war Einzelkind ein Schimpfwort.“ Nachsatz: „Heute habe ich aberr viele Freunde, die Einzelkinder sind.“

„Der große Wurf - Familienalltag XXL“, Comicroman für Kinder ab 8 Jahren, Rotfuchs, 96 Seiten, 18 Euro