Interview mit Intendant Erich Oskar Huetter.

Gerade sind Sie aus Jerusalem zurückgekommen, wo Sie nach fünf Jahren Pause wieder das Festival Sounding Jerusalem leiteten, das auch als Partnerfestival von haus.kultur in Graz fungiert. Warum die Pause?
Erich O. HUETTER: Erstens wegen meiner Familiengründung, womit sich mein Fokus auf etwas völlig Neues gerichtet hat. Und zweitens: Ich war von 2003 bis 2011 sehr viel in Israel, am Anfang noch über den Dirigenten Daniel Barenboim. Und dann habe ich das „Sounding Jerusalem“-Festival gegründet und bin sehr tief in die Region mit all ihren Entwicklungen eingetaucht, wo sowohl die palästinensische wie auch israelische Seite versucht hat, einen zu vereinnahmen. Um dieses fast ständige „brainwashing“, all diese Konflikte, diesen Schmelztiegel zu verstehen, das erfordert Zeit. Da habe ich dann irgendwann einfach Abstand gebraucht.

Und die Pause hat gewirkt?
Und wie! Nach fünf Jahren haben wir in aller neuen Frische wieder super durchgestartet. Ohne zu übertreiben: Es war ein Bombenerfolg. Mit meinen 43 Jahren und der persönlichen Reife stehe ich jetzt auch woanders als damals.

Wie greift Sounding Jerusalem bei haus.kultur in Graz ein, Ihrem Festival mit dem mehrdeutigen Motto „Macht! Musik“, das diesmal auf Dachterrassen und in Tiefgaragen stattfindet?
Es war ja kein Zufall, dass ich vor ein paar Jahren haus.kultur gegründet habe, weil es von der Art her schon ähnlich war wie in Jerusalem. Es ging um Begriffe wie Toleranz, Respekt und das Miteinander, ähnlich wie in diesen Grazer Siedlungsanlagen, wo die bunte Vielfalt eben auch eine Herausforderung ist. Hier ist dieses Projekt übertragbar, das man miteinander gestalten kann und das zudem von der Wohnbaugruppe Ennstal, die die Objekte betreibt, unterstützt wird. Kein normales Musikfestival also, sondern eines, bei dem es um ganz große gesellschaftliche Herausforderungen geht.

Die vier Ethnien beziehungsweise Religionen der Altstadt Jerusalems lassen sich also im übertragenen Sinn verstehen?
Die Herausforderungen, denen sich unsere Gesellschaft etwa in Flüchtlingsfragen stellen muss, werden künftig sicher nicht geringer, insofern sind diese natürlich auch in Graz mehr und mehr ein Thema. Und diesem muss sich jeder stellen, ob er nun möchte oder nicht. Otmar Klammer.

Zum Musikfestival
haus.kultur: Eröffnung morgen, Dachterrasse K&Ö (20 Uhr). Weitere fünf Konzerte bis 7. 10. in Grazer Tiefgaragen. U. a. mit Paul Gulda, Patrick Dunst, Erich Oskar Huetter, Gründungsaufführung des Palästinensisch-Israelisch-Österreichischen Jugendorchesters. Eintritt frei/Spenden: Zählkarten: Tel. 0660- 66 32 660; amuse.co.at