Im Video "Maybe April" taucht er kurz auf: der Schlangenbeschwörer, der mit den Tönen seiner Flöte (im konkreten Fall Sounds von Peter Kruder) die vor ihm tänzelnde Kobra in Schach hält. "Musik zähmt die Bestie" hat Constantin Luser (Autor der Zeichnungen in besagtem Video) die Präsentation seiner Arbeiten im Space01 des Kunsthauses Graz betitelt. Arbeiten, die oft das Musikalische und das Bestialische in sich vereinen: Luser baut Wesen aus Instrumenten, die gewissermaßen das Potenzial zur Selbstzähmung in sich haben, weil sie allesamt vom Publikum bespielt werden können.
Die bekannteste Bestie des 1976 geborenen Grazer Künstlers ist vermutlich der "Vibrosaurus", der hier als kleines Modell zu sehen ist. Das ausgewachsene Biest besteht aus zwei Tuben und dreißig Waldhörnern, ist zehn Meter lang und viereinhalb Meter hoch. 28 Mundstücke ermöglichen die akustische Belebung des Messingungeheuers. Das zugleich eine Skulptur aus dem Geist von Dada ist.
Dem "Vibrosaurus" verwandt ist die "Molekularorgel", die als permanente Skulptur aus vierzehn Trompeten, ebenso vielen Posaunen und sieben Tuben auf dem Dach der Neuen Chemie der Grazer TU installiert ist. Speziell für die Grazer Schau schuf Luser einen "Akkumulator", eine begeh- und besitzbare Messingkabine, in der man in der Kopie eines vor Ideen überquellenden Skizzen- und Tagebuchs blättern kann, wie sie Luser permanent führt. Natürlich ist auch diese kristalline Architektur bespielbar, erfordert allerdings Technik und kräftige Lungen.
Persönliches Universum
In der dominanten Kuppel des Space01 inszeniert Luser aus Objekten, Videos und Bodenzeichnungen insgesamt aber kein Überwältigungstheater. Pointen zwar nicht abgeneigt, öffnet er vielmehr ein fein nuanciertes, sehr persönliches Universum, in dem sich viele Details erst nach und nach zu erkennen geben.
"Musik zähmt die Bestie" führt in einen poetisch-versponnenen Kosmos, der an fantastische Literatur, an Comics erinnert. An die Bilderwelten von Moebius und Druillet, aber auch Max Ernst, Monty Python, Daniel Spoerri und Jean Tinguely sind nicht fern. Nicht die übelsten (Geistes-)Verwandten.
WALTER TITZ