Künstliche Intelligenz war im Kino immer eine Projektionsfläche, um Ängste vor Kontrollverlust, vor der Moderne zu formulieren und bannen. In John Badhams „WarGames“ (1983) löst ein Computerprogramm fast den Atomkrieg aus, weil es nur von taktischen, und nicht von ethischen Überlegungen geleitet ist.
Die Angst vor der Technik, die sich im Atomzeitalter verschärfte, wusste das Kino in viele solche dystopischen Szenarien zu verwandeln, egal ob in Fritz Langs „Metropolis“ (1927) oder in den „Terminator“-Filmen ab 1984. Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ beleuchtete 1968 als einer der ersten die moralische Dimension künstlicher Intelligenz. Wie geht man mit einem Wesen um, wenn es ein Bewusstsein entwickelt? Muss man seine Wünsche respektieren? Darf man es löschen, wenn es nicht wie programmiert funktioniert?
Zwischen Fantasie und Realität
Diese Fragen beschäftigen das Kino seither fast immer, wenn es künstliche Intelligenz thematisiert. Ungeachtet dessen, dass die Entwicklung eines denkenden, fühlenden Technik-Wesens Nonsens ist. US-Philosoph John Searle: „Wir sind weit davon entfernt, Computer mit Bewusstsein zu konstruieren, einfach weil wir nicht wissen, wie Bewusstsein entsteht. Ein Computer hat nur Syntax, keine Semantik.“
Dass einer Maschine jeglicher Sinn für Bedeutung fehlt, ist ein gewichtiger Einwand, demzufolge auch die raffiniertesten, intelligent wirkenden Kreationen nicht mehr als elaborierte Simulationen sind. Das hat die fantasievollen Spekulationen des Kinos (zum Glück) nie getrübt.
Das Gedankenexperiment einer Maschine mit Bewusstsein wird in den besseren einschlägigen Filmen zum Ausgangspunkt für ethische Überlegungen. Wie sollen wir miteinander umgehen? Wie verhalten wir uns gegenüber dem Fremden? Wo endet unsere Macht über andere? Ridley Scotts „Blade Runner“ (1982) nach dem Roman „Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“ von Philip K. Dick ist die brillanteste Verarbeitung solcher Fragen. Ähnliche Beiträge, wie „A. I.“ (2001) von Steven Spielberg, verkitschen ihr Thema zum gefühlsduseligen Hollywood-Kino, während Alex Garland in „Ex Machina“ (2015) daraus einen gewöhnlichen Thriller um Täuschung und Manipulation macht.
Auch die TV-Serie „Westworld“ (ab 2016) zeigt die Interessensverlagerung hin zu ethischen Aspekten. Bringt die alte Filmvorlage von 1973 noch ein konventionelles Angstszenario vom Aufstand der Roboter auf die Leinwand, ist der Vergnügungspark der Maschinen in der HBO-Serie eine groß angelegte Metapher auf Sklaverei, Ausbeutung und Konsumgesellschaft.
Am spannendsten hat sich den letzten Jahren Regisseur Spike Jonze ans Thema gewagt. In „Her“ (2013) verliebt sich ein Mann in die Software „Samantha“. Hier wird die Frage umgedreht. Nicht, was wir mit Maschinen anstellen, sondern was Maschinen aus Menschen machen, ist das Problem, das uns beschäftigen sollte. US-Soziologin Sherry Turkle warnt seit langem davor, dass die Digitalisierung die Art des Kommunizierens verändert, weil es viel einfacher, bequemer und konfliktfreier als jenes mit realen Menschen sei. Das ist auch das Verführerische für den Mann in „Her“ – und das Fatale: „Samantha“ verlässt ihn, weil er ihr zu langweilig geworden ist.