Es sind die Wiener Theaterpreise, aber die Steiermark hat abgeräumt: Bei der 25. Nestroy-Verleihung am Sonntag in Wien waren zahlreiche steirische Gewinnerinnen und Gewinner zu verzeichnen. Als beste Bundesländer-Aufführung wurde das vierfach nominierte Drama „Von einem Frauenzimmer“ seiner Favoritenrolle gerecht. Regisseurin Anne Lenk brachte Christiane Karoline Schlegels Werk 245 Jahre nach Entstehung am Grazer Schauspielhaus zur Uraufführung. Bei der Nestroy-Gala verlas Schauspielhaus-Chefin Andrea Vilter einen Dank der abwesenden Regisseurin – darin betonte Lenk die traurige Heutigkeit von Schlegels Thema, wie die aktuelle Femizidrate belegt.
Der aus Graz stammende Schauspieler Christoph Luser wurde für seine fulminante Leistung als Teufel und Guter Gesell im Salzburger „Jedermann“ für die beste Nebenrolle ausgezeichnet – und bedankte sich augenzwinkernd für den Mut der Jury, ihn als den einzigen männlichen Nominierten auszuzeichnen.. Und Tom Neuwirth, als „Conchita“ bisher vor allem musikalisch erfolgreich, konnte sich als exzentrischer Habsburger „Luziwuzi“ (Rabenhof) den Publikumspreis sichern – und hatte „für Zeiten wie diese“ einen guten Rat fürs Publikum parat: „Gemma doch dort hin, wo die Liebe ist!“
Außerdem: Leonie Lorena Wyss erhielt für das Drama „Muttertier“ den Nachwuchspreis in der Kategorie Autor*in, Bühne, Kostüm, Musik - die Burgtheater-Produktion ist eine Kooperation mit dem Drama Forum Graz. Und die beste Off-Produktion gelang mit „Nestbeschmutzung” (Kosmos Theater) dem Institut für Medien, Politik und Theater, das der Weststeirer Felix Hafner gemeinsam mit Jennifer Weiss und Anna Wielander führt. Gute Pointe: Das Stück beschreibt – ausgerechnet anhand einer Preisverleihung – Machtmissbrauch, Misogynie und Übergriffe am Theater.
Durchwegs auf Höhe der Zeit erwies sich die Nestroy-Jury einmal mehr auch bei der Kür der weiteren Auszeichnungen: Der ungarische Kornél Mundruczó, wurde für die Festwochen-Produktion „Parallax“ über die Veränderung der ungarischen Gesellschaft als bester Regisseur geehrt – und bedankte sich mit einem Hinweis auf die politische Reichweite seines Nestroy: „Der internationale Preis bedeutet jede Menge für uns: Kritische Kunst existiert in Ungarn“, sagte er.
Spezialpreis für ein Solo
Den Preis als beste Darstellerin sicherte sich Julia Edtmeier, die in Peter Shaffers „Amadeus“ am Volkstheater rasant und urkomisch die Titelrolle verkörpert. In Fritz Hochwälders „Himbeerpflückern“ brillierte Claudius von Stolzmann, der dafür den Nestroy als bester Schauspieler einheimste. Bester Nachwuchs im Bereich Schauspiel wurde Irem Gökçen als Clarice in „Der Diener zweier Herren“ am Volkstheater. Beste Aufführung im deutschsprachigen Raum ist Roland Schimmelpfennigs Hamburger Theatermarathon „Anthropolis I-V“ um Aufstieg und Fall der Stadt Theben, inszeniert von Karin Beier. Zum besten Text wurde „Die vielen Stimmen meines Bruders“ von Magdalena Schrefel und Valentin Schuster gekürt, der Preis für die beste Ausstattung ging an Victoria Behr (Kostüme) und Pia Maria Mackert (Bühne) für „Die Verwandlung“ am Akademietheater. Den Spezialpreis holte sich Bernhard Dechant für sein Solo „Oskar Werner – Kompromisslos in die Wiedergeburt“, in dem er das Thema Alkoholsucht bearbeitet – auch in Einrichtungen für Suchtkranke. Und mit dem Preis für das Lebenswerk wurde – hochverdient – der Autor Felix Mitterer geehrt.