Die Nervosität steigt. Nicht nur aufgrund der noch ausstehenden Regierungsbildung im Bund und der Landtagswahl am Sonntag, bei der, abhängig von ihrem Ausgang, dem steirischen Kulturbetrieb drastische Sparmaßnahmen drohen könnten. Anderswo sind erhebliche Einsparungen bereits so gut wie fix: Am 12. Dezember soll das Grazer Budget beschlossen werden – mit 10- bis 15-prozentigen Kürzungen bei der Kulturförderung. Das hat Finanzstadtrat Manfred Eber (KPÖ) wie berichtet avisiert. Schon nächsten Donnerstag wird der entsprechende Budgetentwurf öffentlich aufgelegt.

Es geht um mindestens eine Million

Noch hoffen Vertreterinnen und Vertreter der freien Grazer Kulturszene, dass sich das angekündigte Minus abwenden lässt. Mit dem soll das freie Kulturbudget ab 2025 auf 11,1 Millionen Euro schrumpfen. Eine entsprechende Einigung in der Stadtregierung zwischen Koalition (KPÖ, Grüne) und Opposition (ÖVP, KFG) könnte das noch verhindern. Wenn die Beteiligten auf politisches Kleingeld verzichten, denn es gilt immerhin fast eine Million pro Jahr aufzubringen.

Und das dringend. Der dräuende Flächenschnitt von 10 bis 15 Prozent Förderminus setzt der habituell ohnehin knapp gehaltenen freien Szene überproportional zu. Während offizielle Kultureinrichtungen wie die Bühnen und Museen von Stadt und Land gut abgesichert werden, würden etliche freie Kulturbetriebe durch Sparmaßnahmen zu Einschränkungen im Spiel- und Produktionsbetrieb gezwungen. Spielstättenschließungen, Vereinsauflösungen, Arbeitsplatzverluste stehen im Raum.

Vorher und nachher: Wie sähe das steirische Kulturgeschehen aus, wenn freie Fördernehmer nach radikalen Kürzungen nicht mehr arbeiten könnten? Ziemlich wüst und leer, zeigt das Experiment
Vorher und nachher: Wie sähe das steirische Kulturgeschehen aus, wenn freie Fördernehmer nach radikalen Kürzungen nicht mehr arbeiten könnten? Ziemlich wüst und leer, zeigt das Experiment © KLZ

Theater ohne Stücke, Galerien ohne Ausstellungen, Konzertsäle ohne Musik? Schlecht vorstellbar. Und doch macht ein kleines Experiment (siehe oben) augenfällig, was im Land los ist, wenn sich der freie Kulturbetrieb nicht mehr aufrechterhalten lässt: So gut wie nichts. Der Rasenmäher der Kürzungen schädigt das Geflecht, auf dem er bewegt wird. Die vielgelesene „Aviso“-Seite in der Printausgabe der Kleinen Zeitung gerät zur Wüstenlandschaft, wenn das kulturelle Angebot, auf das Graz und die Steiermark zu Recht stolz sein können, zum Verdorren gebracht wird. Fatal ist das auch für das Publikum.

„Dabei sind Kunst und Kultur in entwickelten Staaten ein Recht und kein Privileg“, konstatiert Werner Schrempf, Intendant des Festivals „La Strada“ und externer Berater der steirischen Kulturstrategie. „Kulturelle Arbeit wirkt gesellschaftsbindend und gesellschaftsentwickelnd, aber vieles wäre enorm schnell kaputt gemacht“, befürchtet er im Hinblick auf den so vielseitigen wie prekären Kulturbetrieb. Kreation und Produktion, überregionale und internationale Zusammenarbeit, Expertise, die durch Abwanderung verloren geht: Für Edith Draxl, Leiterin der Theaterwerkstatt uniT und derzeit Vorsitzende des Landes-Kulturkuratoriums, bräuchte es „statt Kürzungen sogar eine 25-prozentige Erhöhung der Förderverträge im freien Kulturbetrieb, um den Status quo zu erhalten.“

Auch anderswo wird drastisch gespart

Sehr aussichtsreich ist das wohl nicht, zumal auch andernorts gespart wird. In Berlin sogar so radikal, dass die renommierte Schaubühne am Donnerstag gar eine Insolvenz mit Ende 2025 in Aussicht stellte. In Klagenfurt wiederum sind die nicht vertraglich geregelten Subventionen für die freie Kulturszene schon jetzt eingefroren.

So weit kommt es hierzulande hoffentlich nicht: In Graz plant Kulturstadtrat Günter Riegler (ÖVP) auf Initiative der freien Plattform „Das andere Theater“ vor dem Budgetbeschluss noch ein Regierungsgespräch zwecks Maßnahmensetzung gegen den Kultur-Kahlschlag. Bürgermeisterin Elke Kahr, berichtet er, habe ihm den Termin zugesichert. Festgelegt ist er allerdings noch nicht.